Die EU kommt bei weiteren Waffenlieferungen Bitten aus Kiew nach – trotz Warnungen von Russland. Zudem sollen weitere Sanktionen die russische Elite treffen. Eine andere Hoffnung wird derweil gedämpft.
Versailles (dpa) – Die EU will weitere 500 Millionen Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung stellen.
Das kündigte EU-Ratschef Charles Michel am Freitag nach Beratungen der Staats- und Regierungschefs im französischen Versailles an.
Ein erstes Paket über 500 Millionen Euro war bereits Ende Februar bewilligt worden. Von diesem Betrag sind 450 Millionen für Waffenlieferungen und 50 Millionen für andere Dinge wie Treibstoff und Schutzausrüstung reserviert.
Das Geld für die militärische Unterstützung kommt aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität. Sie ist ein neues Finanzierungsinstrument der EU, das auch genutzt werden kann, um die Fähigkeiten von Streitkräften in Partnerländern zu stärken. Für den Zeitraum von 2021 bis 2027 ist die Friedensfazilität mit rund fünf Milliarden Euro ausgestattet.
Vorwürfe aus Moskau zu Waffenlieferungen
Russland wirft dem Westen vor, mit den Waffenlieferungen an die Ukraine den Konflikt zu verschärfen. «Wir sehen, wie gefährlich unsere westlichen Kollegen, einschließlich der Europäischen Union, jetzt handeln», sagte diese Woche der Außenminister Sergej Lawrow.
Was für Material die EU mit den zusätzlichen 500 Millionen Euro finanzieren wird, blieb zunächst unklar. Die Ukraine wünschte sich zuletzt unter anderem Luftabwehrsysteme mit einer Reichweite von bis zu 70 Kilometern, Anti-Drohnen-Gewehre, Minenräumgeräte, Funkgeräte, Radarstationen, Nachtsichtgeräte und Sanitätsfahrzeuge.
EU-Sanktionen gegen russische Elite
Die Europäische Union wird den Export von Luxusgütern nach Russland verbieten. Das sieht nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das neue Sanktionspaket vor, mit dem die EU und ihre Partner auf Russlands Krieg gegen die Ukraine reagieren wird.
Das Ausfuhrverbot für Luxusgüter zielt dabei vor allem auf die vielen reichen Unterstützer Putins ab. Von vielen waren zuletzt bereits im Westen vorhandene Vermögenswerte eingefroren worden. Zudem dürfen die Betroffenen auch nicht mehr in die EU einreisen.
As Russia’s ruthless invasion continues, the EU and our G7 partners continue to ramp up the economic pressure on the Kremlin.
— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) March 11, 2022
Tomorrow, we will introduce a fourth package of measures to further isolate Russia and drain the resources it uses to finance this barbaric war ↓
«Diejenigen, die Putins Kriegsmaschinerie am Laufen halten, sollten nicht länger ihrem pompösen Lebensstil frönen können, während Bomben auf unschuldige Menschen in der Ukraine fallen», erklärte von der Leyen am Freitag.
Neben dem Importstopp für Luxusgüter sieht das neue Sanktionspaket vor, die Einfuhr bestimmter Produkte der russischen Eisen- und Stahlindustrie zu untersagen. Dies sei ein Schlag gegen einen zentralen Sektor des russischen Systems und bringe das Land um Ausfuhrerlöse in Milliardenhöhe, teilte die Kommissionspräsidentin mit.
Zudem ist ihren Angaben zufolge ein umfassendes Verbot neuer Investitionen in den gesamten russischen Energiesektor geplant und Russland sollen handelspolitische Vergünstigungen gestrichen werden, die es eigentlich als Mitglied der Welthandelsorganisation WTO hat. Konkret soll Russland dabei der «Meistbegünstigtenstatus» entzogen werden.
Das Meistbegünstigungsprinzip (MFN – most favoured nation) bedeutet, dass Mitglieder der Welthandelsorganisation allen anderen Mitgliedern den gleichen Zugang zu ihrem Markt einräumen müssen, mit wenigen Ausnahmen. Zölle können also in der Regel nicht willkürlich für ein bestimmtes Land höher angesetzt werden. Eine der Ausnahmen ist die nationale Sicherheit.
Nach Angaben von der Leyens wird man sich ferner dafür einsetzen, Russlands Rechte als Mitglied in wichtigen multilateralen Finanzinstitutionen, einschließlich des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, auszusetzen. «Wir werden sicherstellen, dass Russland von diesen Institutionen keine Finanzmittel, Darlehen oder sonstigen Vorteile mehr erhalten kann», kündigte sie an. «Denn Russland kann nicht einerseits grob gegen das Völkerrecht verstoßen und andererseits erwarten, in den Genuss der Privilegien als Teil der internationalen Wirtschaftsordnung zu kommen.»
EU macht Ukraine keine Hoffnung auf schnelle Aufnahme
Den Hoffnungen der Ukraine auf einen raschen Beitritt zur Europäischen Union verpassten die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten einen deutlichen Dämpfer.
In der Erklärung des EU-Gipfels in Versailles vom frühen Morgen heißt es zwar: «Die Ukraine gehört zu unserer europäischen Familie.» Konkrete Zusagen an Kiew mit Blick auf einen schnellen EU-Beitritt wurden jedoch auch nach den rund achtstündigen Gipfel-Beratungen nicht gemacht.
Erklärung EU-Gipfel in Versailles
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Kollegen versprachen der Ukraine lediglich, die Bindungen weiter zu stärken und die Partnerschaft zu vertiefen, um sie auf ihrem europäischen Weg zu unterstützen. Zudem wurde betont, dass man die EU-Kommission zügig damit beauftragt habe, den ukrainischen Antrag auf EU-Mitgliedschaft zu prüfen.
Umfangreiche Hilfe für ukrainische Kriegsflüchtlinge
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten sagten zudem allen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine umfangreiche Hilfe zu. Zugleich riefen sie Russland dazu auf, humanitären Zugang zu Opfern und Vertriebenen des Kriegs in der Ukraine zu gewähren sowie Zivilisten eine sichere Durchreise Flucht zu erlauben.
«Die EU und ihre Mitgliedstaaten werden sich weiterhin solidarisch zeigen und allen Flüchtlingen und Aufnahmeländern humanitäre, medizinische und finanzielle Unterstützung bieten», heißt es in der Erklärung. Russland wird dazu aufgerufen, «seinen Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht uneingeschränkt nachzukommen».