Parteipolitik Erst Bali, dann Bodensee: Scholz spricht beim SPD-Parteitag

Erst Bali, dann Bodensee: Scholz spricht beim SPD-Parteitag
Bundeskanzler Olaf Scholz wartet auf den Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt. (Bild: Michael Kappeler/dpa)

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Der Kanzler kommt. Dass Olaf Scholz sich trotz Krisenmodus Zeit für den Landesparteitag am Bodensee nimmt, macht die Genossen ziemlich stolz. Die SPD im Kretschmann-Land kann Rückenwind gebrauchen.

Stuttgart (dpa/lsw) – Eben noch globales Krisenmanagement beim G20-Gipfel auf der indonesischen Insel Bali, jetzt schon wieder beim SPD-Landesparteitag am Bodensee: Bundeskanzler Olaf Scholz ist am Samstag der Stargast beim Kongress der Südwest-SPD in Friedrichshafen. Scholz wird gegen Mittag vor den etwa 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Rede zur Bewältigung der verschiedenen Krisen halten. Die SPD im Südwesten erhofft sich Rückenwind von ihrem Kanzler, denn die Landespartei liegt in den Umfragen nur bei 13 bis 15 Prozent. Jedoch ist die Bundes-SPD mit nur etwa 20 Prozent auch im Umfragetief, weit hinter der Union.

Beim Parteitag wird die Führungsspitze der Landes-SPD neu gewählt. Andreas Stoch, Parteichef und Oppositionsführer im Landtag, ist der einzige Kandidat. Der 53-jährige Jurist aus Heidenheim führt die Südwest-SPD seit 2018 und nimmt für sich in Anspruch, die zerstrittene Partei geeint zu haben. Bei der Landtagswahl war die SPD im März 2021 mit Stoch als Spitzenkandidat aber nur auf 11 Prozent gekommen. Dennoch gab es Verhandlungen über eine Ampel mit Grünen und FDP, doch der Wahlsieger, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), gab der CDU den Vorzug.

Vor dem Parteitag besucht Scholz am Samstagmorgen (9.45 Uhr) den Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen. Bei einem Rundgang will sich der Kanzler über die Herausforderungen in der Autoindustrie informieren. Außerdem stehen Gespräche mit Azubis an. Geplant ist auch eine Fahrt in einem selbstfahrenden E-Shuttle auf dem Gelände des Technologiekonzerns. Beim Besuch des VfB Friedrichshafen am Nachmittag (14.00 Uhr) soll es um das Ehrenamt gehen. Mit 3500 Mitgliedern zählt der 1909 gegründete Verein zu den größten in Baden-Württemberg.

Die Südwest-SPD will, dass die grün-schwarze Landesregierung ärmere Menschen in Krisenzeiten stärker unterstützt. Zwar gebe es von der Regierung «halbherzige Hilfen» für die Wirtschaft. «Aber sie tut nichts für den Zusammenhalt der Gesellschaft», sagte Stoch der dpa. Er forderte Kretschmann auf, sich ein Beispiel an Scholz zu nehmen. «Es darf nicht heißen, Investitionen oder Entlastungen.»

Das Land müsse die Transformation in vielen Lebensbereichen trotz der Krise mit Investitionsimpulsen voranbringen. «Den kraftlosen Staat à la Kretschmann brauchen wir jetzt nicht.» Ob bei der Energie-, der Verkehrswende oder in der Bildung, die Landesregierung müsse hier richtig Geld in die Hand nehmen – und das sei auch da. «Warum nicht einen Sondertopf mit 100 Millionen Euro für Investitionen in Kitas schaffen?», fragte Stoch. Angesichts von 57.600 fehlenden Kita-Plätzen bestehe dringender Handlungsbedarf.

Die Südwest-Genossen wollen auch die Gewerkschaften wieder stark in die Parteiarbeit einbinden. DGB-Landeschef Kai Burmeister will in den SPD-Landesvorstand und würde den Platz von IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger einnehmen, der aus dem SPD-Führungsgremium ausscheidet.

Bei den Sozialdemokraten im Land hat sich der Abwärtstrend bei den Mitgliedern nach dem Zwischenhoch im Zuge des Siegs bei der Bundestagswahl wieder beschleunigt. Lag die Mitgliederzahl Ende 2021 noch bei 33.200, sei sie nun auf etwa 31.900 gesunken, sagte eine Sprecherin. Die Südwest-SPD ist bundesweit der fünftgrößte Landesverband.