Eltern von getöteter Studentin fordern neuen Prozess

Eltern von getöteter Studentin fordern neuen Prozess
Ein Justizmitarbeiter schließt die Tür zu einem Verhandlungssaal. (Patrick Pleul/zb/dpa/Symbolbild)

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Karlsruhe (dpa) – Fünfeinhalb Jahre nach dem gewaltsamen Tod einer Studentin im Wald am Kloster Loccum bei Bad Rehburg (Kreis Nienburg-Weser) fordern die Eltern als Nebenkläger und die Bundesanwaltschaft einen dritten Prozess gegen den zuletzt freigesprochenen Tatverdächtigen.

Am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe kritisierten ihre Vertreter am Donnerstag die Beweiswürdigung des Landgerichts Verden als widersprüchlich und lückenhaft. Die Verteidiger forderten die Zurückweisung der Revisionen. Wann das Urteil ergeht, war zunächst offen. Die obersten Strafrichter unterbrachen die Sitzung bis zum Nachmittag (15.30 Uhr) für Beratungen und wollten dann das Urteil verkünden oder einen Termin dafür bekanntgeben. (Az. 3 StR 183/20)

In einem ersten Prozess war ein vorbestrafter Vergewaltiger wegen Totschlags zu elfeinhalb Jahren Haft mit späterer Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Nach diesem Urteil hatte der heute 53-Jährige die junge Frau im September 2015 während eines Freigangs aus dem Maßregelvollzug getötet. Der Vater hatte die Leiche seiner 23-jährigen Tochter später nackt im Wald versteckt gefunden.

Gegen dieses erste Urteil hatten die Eltern, die eine Verurteilung wegen Mordes forderten, erfolgreich Revision eingelegt. Aber der zweite Prozess endete überraschend mit einem Freispruch.

So habe der Angeklagte, dessen Revision der BGH damals verworfen hatte, kurioserweise profitiert, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft. «Demnach stehen heute nicht nur Rechts-, sondern auch Gerechtigkeitsfragen zur Entscheidung an.»

Der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer nannte die Vorgeschichte ungewöhnlich, wies aber darauf hin, dass das für seinen Senat nichts an den Prüfungsmaßstäben ändere. Eine größere Rolle spielte in der gut einstündigen Verhandlung ein Kaugummipapier mit Blutspuren des Angeklagten, das am mutmaßlichen Tatort gefunden wurde. Die zuletzt zuständige Kammer des Landgerichts hatte den Deutschen, der derzeit noch eine andere Haftstrafe absitzt, dadurch nicht überführt gesehen – es sei unklar, wie und wann das Papier dorthin gelangt sei.