Einfühlsame Überplanung bestehender Flächen und Gebäude

Stadtbaumeister Wolfgang Weiss (li im Bild) und Andreas Stegmaier erläuterten den Siegerentwurf
Stadtbaumeister Wolfgang Weiss (li im Bild) und Andreas Stegmaier erläuterten den Siegerentwurf (Bild: Maximilian Kohler)

Seit dem Bürgerentscheid (27. Januar 2019), warten die Riedlinger darauf, wie das Stadthallenareal überplant wird. Sechs Büros haben sich mit dem Thema eingehend beschäftigt und ihre Entwürfe zur Neugestaltung bei der Stadt eingereicht. Wir stellen den Siegerentwurf vor.

Konstanzer Büro siegreich

Bei einem Pressetermin stellte Städteplaner Thomas Hirthe (Architekt BDA, Friedrichshafen) die sechs Wettbewerbsentwürfe zum Stadthallenareal vor. Mit völlig unterschiedlichen Herangehensweisen hatten die Wettbewerbsteilnehmer das bestehende Areal überplant. Auf Platz eins, wurde mit Stimmenmehrheit der Entwurf von schaudt architekten GmbH (Konstanz) gekürt. Die Planung überzeugte die Fachjury durch eine einfühlsame Aufnahme zur Weiterentwicklung der bestehenden Gebäude und Flächen. Platz zwei ging an das Büro Breining + Buchmaier + Wilhelm ((Architekten – Stadtplaner – Landschaftsarchitekten, München), auf Platz drei wurde der Entwurf des Tübinger Büros Matthias Hänig (Architekt, Stadtplaner) und Martin Gemmeke (Architekt, Tübingen) gewählt.

Herangehensweise zu den Planungen

Bevor Hirthe die Planentwürfe vorstellte, ging er auf die Kriterien zur Beurteilung der eingereichten Arbeiten ein. Prüfbausteine waren die städtebauliche, architektonische, gestalterische und freiräumliche Qualität, sowie der Umgang mit den Denkmalen und dem Hochwasserschutz. Zudem wurden die Pläne auf Erfüllung des Programms mit funktionalen Anforderungen, deren Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeitsqualitäten bewertet.

Überzeugende Lösung aus einem Guss

Den Siegerentwurf charakterisierte Hirthe mit den Worten: „Dieser Plan überzeugte durch seine hohe Verantwortung für das Gelände und die bestehenden Gebäude.“ Bereits das Eingangsgebäude zum Stadthallenareal zeichnet sich durch eine gefällige Zurückhaltung aus. Kein hochgeschossiger Klotz, sondern ein eingeschossiger Pavillon. Darin soll dann ein Café und der Info-Point Platz finden. Diese Zurückhaltung bei der Überplanung findet in den weitestgehend erhaltenen Freiflächen ihre Fortsetzung. Die bestehende Stadthalle soll erhalten bleiben und u. a. als Ausstellungsraum genutzt werden. Der Saal wird in die Versteigerungshalle integriert, eine Überdachung stellt die Verbindung zum Bullenstall her, der Platz für ein Restaurant mit Terrasse, Räume für Seminare und die Administration bietet. Als Ersatz für die Neue Festhalle soll ein Hotelneubau entstehen. Die Fensterfront zur Donau und Richtung Altstadt hat das Potential den Gästen einen grandiosen Blickfang zu bieten. Ein Verbrauchermarkt stellt im Hintergrund der bisherigen Bebauung das vorläufige Ende der Überplanung dar. Eine Wohnbebauung sieht dieser Planentwurf nicht vor.

Auf dem bisherigen Parkplatz sind zwei markante Freiflächen vorgesehen. An das alte Postgelände schließt sich ein baumbestandener Aktivraum an, der anschließende Bereich sieht einen Multifunktionsraum, eine Baumgruppe und ein Wasserspiel vor.

Ungestörter Donaublick

Andreas Stegmaier (Leitender Direktor Landesbetrieb Gewässer) äußerte sich zur vorhandenen Problematik mit Wasser: „Wir haben bei der Planung die Problemstellungen Hochwasser, Druckwasser und Starkregen zu beachten.“ Die vom Siegerentwurf vorgesehene Lösung, das Gelände bedarfsgerecht anzuheben, stellt so Stegmaier, eine elegante und effiziente Lösung dar, die eine natürliche Entwässerung Richtung Donau ermögliche. „Durch die Aufschüttung entsteht zudem ein barrierefreier Blick von den Freiflächen zur Donau“, stellte Stegmaier fest. Zur Donau hin abgerundet werden die Freiflächen mit einer Promenade, dem Donau Radwanderweg und einer Terrasse.

Planentwürfe können besichtigt werden

Anschaulich wird hier die durch die Planung neu geschaffene Anbindung der Freiflächen zur Donau hin dargestellt
Anschaulich wird hier die durch die Planung neu geschaffene Anbindung der Freiflächen zur Donau hin dargestellt (Bild: Maximilian Kohler)

Alle Planentwürfe können von der Bevölkerung während der Dienstzeiten im Rathaus besichtigt werden. Sie sind im Flur des Stadtbauamtes (2. OG) ausgestellt.

Das Stadthallenareal profitiert, die Innenstadt nicht – Ein Kommentar

Keine Frage, der Sieger-Entwurf zum Riedlinger Stadthallenareal wertet die bisherige Bebauung und auch die Freiflächen deutlich auf. Doch bis zur Verwirklichung warten noch etliche Stolpersteine. Dies wäre zuerst das Gemeinderatsgremium, das sich selten einig ist. Spannend dürften auch die Verhandlungen mit dem Denkmalsamt werden. Obwohl der Plan-Entwurf sehr behutsam mit den bestehenden Gebäuden umgeht, wird ein hohes Verhandlungsgeschick notwendig sein. Die Lösung, den Saal der Stadthalle in die Versteigerungshalle zu verlegen, mutet zunächst seltsam an, hat aber einen gewissen Charme. Ungewiss ist, wie das Denkmalsamt damit umgeht.

Ein weiterer Stolperstein dürfte der finanzielle Aufwand sein. Die Kosten für das Projekt sind noch nicht ermittelt, es stellt sich also die Frage, ist die Stadt und/oder ein Investor bereit, diese zu stemmen. Die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt ist der so ziemlich ungünstigste, den man sich bei genauer Betrachtung der letzten Jahre vorstellen kann. Die Bau-Zinsen sind kräftig gestiegen, die Wirtschaft schwächelt. Dazu kommt der Krieg in der Ukraine, der die Zukunft von Wirtschaft und Entscheidungen der Politik wenig einschätzbar macht. Haben der Bund und die Länder in näherer Zukunft noch genügend Knete, um immer weitere Hilfspakete zu schnüren, können sie wie bisher weiter mit „warmen Händen“ Geld an die Kommunen verteilen? In diese Situation hat sich die Stadtverwaltung manövriert, die jetzt – vier Jahre nach dem Bürgerentscheid – endlich und eigentlich viel zu spät mit diesen Plänen um die Ecke kommt.

Erinnert man sich an die ursprünglichen Vorstellungen zur Umnutzung des Geländes und der Bebauung, fällt auf, dass sich der gewerbliche Teil der Planungen auf einen Supermarkt reduziert. Keine Fachgeschäfte, wie sie einmal diskutiert werden. Es darf bezweifelt werden, ob dieser Supermarkt einen Mehrwert für die Innenstadt bringt. Er ist folgerichtig im hinteren Teil des Geländes angesiedelt, aber der allergrößte Teil der Kundschaft steigt nach dem Einkauf in das Auto und fährt diesen nach Hause. Von einer größeren Verweildauer darf geträumt werden, sie ist aber wenig realistisch. Ein weiteres Problem ist der nahe Norma-Discounter. Die Kaufkraft im Raum Riedlingen ist eher bescheiden, wenn auch eine große Kaufkraftbindung aus der Region besteht. Statt großartig weitere Kaufkraft zu binden, ist wohl eher mit einem Verdrängungswettbewerb zu rechnen.

Die IHK Ulm hatte schon zu Beginn der Diskussionen um das Stadthallenareal betont, dass es keinen Wachstumsimpuls für die Innenstadt gibt, wenn im vorderen Teil des Geländes, also nahe der Hindenburgstraße, Fachgeschäfte angesiedelt werden. Vorerst sind diese Fachgeschäfte kein Thema mehr, die einstmals erhoffte Belebung der Innenstadt ist also nicht zu erwarten. Durch den Supermarkt werden höchstens die noch vorhandenen Bäckereifilialen und die letzte Metzgerei der Innenstadt noch weiter Im Bestand gefährdet.

Fazit: Bis die Planung voll ausgegoren ist, die beteiligten Behörden einverstanden und die Finanzierung gesichert ist, gibt es noch eine große Menge an dicken Brettern zu bohren. Dies schmälert die planerische Umsetzung der Aufgabenstellung des Siegerbüros nicht. Das verdient ein echtes Lob!