Eine dicke Portion Glück für alle

Eine dicke Portion Glück für alle
Mit Herz, Charme und Humor: Brigitte Föhr liebt Ihren Beruf über alles. (Bild: Brigitte Föhr)

Glück kann man nicht kaufen und doch möchte jeder es haben. Glück ist nicht alles – aber ohne Glück ist vieles nichts. Für das neue Jahr wünscht man sich Glück und Gesundheit. Glückssymbole wie Marienkäfer, ein Marzipanschwein und alte Hufeisen stehen ganz vorne. Schon die alten Druiden glaubten vor über 2000 Jahren daran, dass Ihnen nichts Böses widerfahren kann, wenn sie einen Glücksklee bei sich tragen. Nicht zu vergessen der Schornsteinfeger. Etwas Asche im Gesicht soll das Glück herbeirufen.

Wir vom WOCHENBLATT wollen, dass all unsere Leser für das neue Jahr eine dicke Portion Glück bekommen. Unsere Glücksbotin ist die bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegerin Brigitte Föhr aus Rot an der Rot. Wie Sie sich in einer Männerdomäne behauptet und warum sie nie ein schlechtes Gewissen hat, wenn sie lange im Bad ist, beantwortet sie uns in einem Interview.

Die sympathische Frau mit der schwarzen Montur übt ihren Beruf mit Herz und Humor aus. Ein zufälliges Praktikum in einem Ausbildungsbetrieb hat ihr viel Spaß gemacht und die unkomplizierte Geselligkeit mit den Kollegen hat die allerletzten Zweifel schnell beseitigt.

Mit Herz, Charme und Humor: Brigitte Föhr liebt Ihren Beruf über alles.
(Bild: Brigitte Föhr)

Wie sieht es mit der Frauenquote in ihrem Beruf aus?

Eine Frauenquote an sich gibt es nicht, aber die Zahl der Frauen in meinem Beruf steigt kontinuierlich. Es ist schon lange keine reine Männerdomäne mehr und auch körperlich nicht so schwer wie früher, als man noch in die Schornsteine reinsteigen musste. Inzwischen ist der Beruf mehr und mehr technisch geworden – durch die vielen verschiedenen Heizungsanlagen. Nach bestandener Meisterprüfung machen die meisten Kolleg*innen den Energieberater (HWK). Das ist ein sehr interessantes Tätigkeitsfeld. Natürlich gehört das Kehren der Schornsteine, gerade auf dem Land, zu unseren Kerntätigkeiten. Dabei wird man eben schwarz.

Wurde Ihnen schon mal die Türe vor der Nase zugemacht, weil der Hausbesitzer keine Frau auf dem Dach möchte?

Nein, das wäre ja noch schöner. Wir sind doch nicht im Mittelalter! Die meisten Leute freuen sich, wenn ich komme. Die Herren sind oft mit großem Interesse dabei. Die Damen loben mich für meine saubere Arbeit. Da hieß es schön öfter „Sie als Frau passen halt besser auf.“ Ob das so stimmt, möchte ich nicht behaupten. Manchmal passiert halt auch was. Es kam mal vor, dass ich bei Leuten gekehrt habe, die gerade beim Renovieren waren und um besser streichen zu können, das Ofenrohr entfernt haben. Ich wusste davon nichts, da ich ja nicht in alle Zimmer schaue, bevor ich nach oben gehe. Jedenfalls war der frisch gestrichene Raum nachher schwarz. Ich war genauso geschockt wie die Bewohner.

Muss man als Schornsteinfeger schwindelfrei sein?

Ja, das geht nicht anders. Ich bin sehr gerne auf dem Dach und genieße die Aussicht. Aber natürlich nur mit den entsprechenden Sicherheitseinrichtungen. Wir sind ja keine Zirkusartisten.

Würden Sie diesen Beruf wiederwählen?

Auf jeden Fall! Schornsteinfeger/in ist ein Beruf mit Aussicht und Aufstiegsmöglichkeiten – im wahrsten Sinne des Wortes. Er ist abwechslungsreich, interessant und man lernt verschiedene Menschen kennen. Dadurch, dass man meistens allein unterwegs ist, kann man sich als Mitarbeiter seine Arbeit selbst einteilen. Das ist doch pure Freiheit. Es gibt zudem viele Weiterbildungsmöglichkeiten – z.B. den Meister, Energieberater, Brandschutztechniker…

Schornsteinfeger werden auf der Straße gerne berührt. Ruß soll Glück bringen. Wie reagieren Sie da in Zeiten von Corona?

Die meisten Leute sind so vernünftig, dass sie den Mindestabstand einhalten. Ich habe fast immer ein paar Glücksbringer in der Tasche. Wer ein wenig Glück gebrauchen kann, bekommt welche. Auf der Straße winke ich den Leuten zurück und wünsche viel Glück.

(Bild: Brigitte Föhr)

Woher kommt der Glaube, dass gerade der Schornsteinfeger Glück bringt?

Das der Schornsteinfeger Glück bringt ist schon seit dem Mittelalter so. Das lag daran, dass Aufgrund der engen Bauweise schnell ein Brand, ausgelöst vom Schornstein oder einer Feuerstätte, ganze Stadteile niederbrennen konnte. Durch die Arbeit des Schornsteinfegers konnten die Brände verhindert werden.  Für die Bewohner eines Hauses brachte dieser also Sicherheit und Glück ins Haus.

Sie haben abends sicherlich lange im Bad, bis Sie wieder sauber sind, oder?  

Ich habe schon immer länger im Bad gebraucht, aber jetzt habe ich dafür ein „Alibi“. Zu den Hauptutensilien gehört die harte „Handwerkerbürste“. Damit kommt man gut unter die Fingernägel. Der Ruß trocknet Haare und Fingernägel schon aus, daher mache ich öfters eine Haarkur drauf. Meine Fingernägel lasse ich seit ein paar Jahren machen. Ich frage mich, ob das als „Arbeitsschutzmaßnahme“ nicht steuerlich absetzbar wäre?

Sie bilden Lehrlinge aus. Haben Sie Nachwuchsprobleme?

Noch habe ich leider keine/n Azubi/ne. Aber wer Interesse hat, darf sich gern bei mir melden. Ich leite auch Bewerbungen an Kollegen weiter, wenn das gewünscht ist. Wie in jedem Handwerk gibt es auch bei uns zu wenig Fachkräfte. Am 30. Januar 2021 findet in Ulm ein Eignungstest statt. Bewerbungen an: [email protected]

Was bedeutet Glück für Sie persönlich?

Wenn es mir und den Menschen, die mir am Herzen liegen, gut geht – und meinem Kater.