Ein Jahr vor der Landesgartenschau Wangen im Allgäu 2024

Ein Blick über Teile der ERBA, im Hintergrund die Argenwiese und die neuen Häuser in den Auwiesen. Noch wird überall gebaut.
Ein Blick über Teile der ERBA, im Hintergrund die Argenwiese und die neuen Häuser in den Auwiesen. Noch wird überall gebaut. (Bild: Fabienne Bettschen)

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Für die Stadt Wangen im Allgäu ist die Landesgartenschau 2024 ein Jahrhundertereignis, das es so wahrscheinlich kein zweites Mal geben wird. Die Tore für die Veranstaltung öffnen sich am 26. April 2024. Jetzt wird das Ein-Jahr-vorher-Fest auf dem Wangener Marktplatz gefeiert.

Ein Stadtteil entsteht komplett neu

Mit dem Rückenwind der Landesgartenschauplanung ist es möglich, die Industriebrache der ehemaligen Baumwollspinnerei und – weberei ERBA und die Auwiesen nebenan in ein Wohn- und Gewerbequartier samt Veranstaltungsräumen und –flächen umzuwandeln. 1500 Menschen finden in diesem neuen Stadtteil eine Wohnung, 500 Arbeitsplätze entstehen.

Neubauten entstehen in nachhaltiger Bauweise. Mit der Kreissporthalle des Landkreises Ravensburg, der neuen Reithalle des Reitvereins und dem Kletterturm des Deutschen Alpenvereins sowie dem Sportpark gewinnt die Stadt neue sportliche Attraktionen. Die Obere Argen wurde im Stadtgebiet aus dem Korsett der Befestigung gelöst, revitalisiert und erlebbar gemacht.

Entlang dem Fluss und im Umfeld von ERBA/Auwiesen entstehen hochwertige Parkanlagen mit attraktiven Spielplätzen, Wege, die zum Spazierengehen verlocken, und ein Radweg, der Teil des RadNETZ Baden-Württemberg ist. Zum Abschluss aller Baustellen wird im kommenden Jahr mit der Landesgartenschau Wangen im Allgäu 2024 ein sommerlanges Fest gefeiert – mit Ausstellungen verschiedenster Thematik, aber auch mit allem, was Garten und Naturfreunde interessiert, und mehr als 2000 Veranstaltungen aus allen Lebensbereichen, vor allem aus Musik, Show, Theater oder Sport.

Altes erhalten, Neues erschaffen

Rückblick: 1992 ging die ehemalige Baumwollspinnerei und -weberei ERBA – im Westen der Stadt gelegen –  in Konkurs. Wie so viele Unternehmen ihrer Branche konnte sie sich der Konkurrenz damals nicht erwehren. Maschinen und Inventar wurden verkauft. Nur die Wasserkraftanlage, die von Beginn an die Energie für den Maschinenpark in der ERBA lieferte, lief weiter. Bis die Stadt Wangen im Allgäu im Juli 2009 das Gelände von der Kreissparkasse Erlangen übernehmen konnte, verfiel das Areal in Tristesse.

Kurz vor dem Ankauf des Geländes hatte die Stadt Wangen bereits die Bewerbung um eine Landesgartenschau abgegeben und erhielt im Folgejahr den Zuschlag für 2024. Die Planungen begannen sofort und mündeten zunächst in die Formulierung der Ziele:

Erhaltung der Nutzungsvielfalt im Gebiet ERBA/Auwiesen, Stärkung der Wohnnutzung, Stärkung der gewerblichen Nutzung, Erlebbarmachung der Oberen Argen und Erhaltung der historischen Bausubstanz. Auf dieser Basis lobten das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und die Stadt Wangen gemeinsam einen EU-weiten, offenen landschaftsarchitektonischen und städtebaulichen Realisierungswettbewerb aus. Am 4. April 2014 vergab die Jury zwei erste Preise.

Im weiteren Verlauf erhielt das Münchner Büro lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner GmbH gemeinsam mit Löhle und Neubauer Architekten aus Augsburg den Zuschlag. Seither wird dieser Plan weiterentwickelt und umgesetzt.

Wohnen trifft Gewerbe

Bis Ende 2016 waren die Gebäude und Grundstücke in der ERBA seitens der Stadt Wangen zum Kauf angeboten. Ziel war es, dort, wo früher Gewerbe war, auch wieder Gewerbe anzusiedeln, und dort, wo gewohnt wurde, auch wieder Wohnen zu ermöglichen. Die Stadt suchte keine Investoren, sondern Liebhaber, die sich mit den Objekten identifizierten und ihnen im besten Sinne Leben einhauchen wollten. Das erste Gebäude, das einen Eigentümer fand, war die Neue Spinnerei, ein architektonisches Schmuckstück aus der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts.

Die Neue Spinnerei (links) ist in weiten Teilen bezogen, die Alte Spinnerei (dahinter) fertig gerade eben Richtfest.
Die Neue Spinnerei (links) ist in weiten Teilen bezogen, die Alte Spinnerei (dahinter) fertig gerade eben Richtfest. (Bild: Fabienne Bettschen)

Sie ging an die Familie Wilhelm Forster und Wolfgang Forster, die in Mitterteich in der Oberpfalz mit einem Metallbaubetrieb beheimatet ist und in der Lage war, die rund 100 riesigen Fenster denkmalgerecht zu ersetzen. 2023 wurde das Gebäude fertiggestellt: Auf einer Grundfläche von 2500 Quadratmetern sind 4000 Quadratmeter Gewerbeflächen und 23 Wohnungen auf 2600 Quadratmeter entstanden.

Das Besondere: die Wohnungen wurden auf die Spinnerei in Holzbauweise aufgebaut. Die Gebäude der früheren ERBA-Weberei konnten nicht erhalten werden. An ihrer Stelle steht das Parkdeck, das für große Teile des Gebiets die zentrale Garage ist.

Förderung durch Bund und Land

Nach und nach gingen alle unter Denkmalschutz stehenden Bauwerke in die Hände von Privatpersonen oder Unternehmen über – bis auf das Baumwolllager nebst Pförtnergebäude, Comptoir-Gebäude und Schornstein. Diese Gebäude will die Stadt selber nutzen – für Veranstaltungen verschiedenster Art.

Die Sanierung ermöglichte zu großen Teilen der Bund mit Zuschüssen aus dem Programm Nationale Projekte des Städtebaus und das Land Baden-Württemberg aus Mitteln der Städtebauförderung. So kam es, dass der Schornstein samt umgebendem Platz als erstes saniert wurde. Insgesamt investieren Private und die öffentliche Hand im gesamten LGS-Areal rund 320 Millionen Euro.

„Wir sind den privaten Investoren, aber auch Land und Bund für die vielen Förderungen sehr dankbar. Ohne das private Engagement und die Unterstützung aus Stuttgart und Berlin könnten wir das Großprojekt nicht stemmen“, sagt Oberbürgermeister Michael Lang.

Bürgerspaziergang im Landesgartenschaugelände

Um den Wangenerinnen und Wangenern, aber auch allen anderen, die sich für die Fortschritte im Landesgartenschaugelände 2024 interessierten, die Entwicklungen nahezubringen, begann Oberbürgermeister Michael Lang im Mai 2015 bei Bürgerspaziergängen zu erklären, was auf dem rund 3,5 Kilometer langen Gelände entlang der Oberen Argen geschieht.

Seither finden diese Bürgerspaziergänge – inzwischen auch durch die Geschäftsführung der Landesgartenschau GmbH, Karl-Eugen Ebertshäuser und Edith Heppeler, jährlich fünf bis sechsmal statt. So konnten die Bürgerinnen und Bürger verfolgen, wie sich aus einer einfachen Grünanlage bei der Hochwasserente ein Stadtgarten entwickelte. Wo vorher Bänke vom Fluss abgewandt waren, entstanden eine Treppe und eine Rampe, damit Spaziergängerinnen und Spaziergänger ans Wasser gehen können.

Das Flussbett wurde dort, wie auch an vier weiteren Stellen geweitet. Im Sommer werden im Stadtgarten viele Pflanzen die Pergolen beranken und Blumen blühen. Im Gartenschaujahr ist hier Platz für kleinere Veranstaltungen. Mitten im Fluss wurden auf der gesamten Länge Steine und andere natürliche Hindernisse eingebaut, die der Tierwelt neue Lebensräume bescheren. Die Qualität der Oberen Argen wurde auf diese Weise – in starkem Maße gefördert durch das Land – gehoben und der Fluss für die Menschen erlebbar gemacht.

Ebenfalls mit Hilfe von Zuschüssen des Landes und des Bundes wurde der neue Radweg samt fünf neuer Brücken geplant. Drei sind bereits fast fertig, zwei noch fehlende Brücken werden in diesem Jahr gebaut. Auch die letzten Radwegabschnitte sind von den jeweiligen Firmen in Angriff genommen worden.

Schon blühen im Stadtgarten die ersten Stauden.
Schon blühen im Stadtgarten die ersten Stauden. (Bild: Tarja Prüss)

Sie führen durch den Sportpark, der seit 2021 ein völlig neues Gesicht erhält. Auf der Argeninsel blüht derzeit der neu gepflanzte Kirschenhain. Die Arm-und Tretbecken warten nur darauf, mit Wasser befüllt zu werden. Dort wo der Unterbau für die neuen Sportplätze hergestellt ist, wird im Sommer 2024 eine große Gastronomie hungrigen Gästen Speisen und Getränke servieren.

Sportpark lädt zur Bewegung ein

Auf der anderen Flussseite wandelt sich die einst gesichtslose Grünfläche in einen hügeligen Park, in dem jede Menge Sportflächen und –geräte gebaut werden, beispielsweise Beachvolleyballfelder, eine Tanzfläche, ein Basketballfeld, ein Trampolin im Boden, eine Calisthenicsanlage für Kraftsportler.

Gerade vergangene Woche feierte die Landesgartenschau Wangen im Allgäu 2024 GmbH gemeinsam mit dem Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg den Spatenstich für die Schaugärten. Die Schrebergärten kommen – runderneuert – doppelt schön zur Geltung.

Sie bilden im Gartenschaujahr die Kulisse für den Schaugarten der Gartenfreunde, die Friedhofsgärtner, die Kleinbrenner, die Imker und den Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft.

Wohnen, leben, arbeiten

In dem Stadtteil ERBA / Auwiesen laufen die Baustellen auf Hochtouren. Dort entstehen Wohnungen für rund 1500 Menschen, 200 sind bereits eingezogen. Der städtische Kindergarten in den Auwiesen wird so weit gebaut, dass er den Treffpunkt Baden-Württemberg im Gartenschausommer beherbergen kann. Die Fertigstellung als Kita erfolgt im Anschluss.

Rund um den neuen Stadtteil entstehen hochwertige Parkanlagen, die den Zugang zur Argen ermöglichen. Sie wurde in diesem Bereich 2022 umgeleitet, damit sie sich über die nächsten Generationen nach und nach mehr Raum verschaffen kann.

Attraktive Spielplätze

Auf allen Arealen von Landesgartenschauen sind attraktive und langlebige Spielplätze entstanden, die Kinder und junge Familien anlocken. So wird es auch in Wangen im Allgäu sein. So entsteht beispielsweise in der Nähe des Werkskanals ein Energiespielplatz. Die weiteren Themen sollen eine Überraschung bleiben.

Am westlichen Ende des Gebiets, wo auch der große Eingang sein wird, werden die Landesgartenschaugäste von den sogenannten Reliktgärten empfangen. In die Anlagen wurden tatsächlich Relikte aus der ERBA eingebaut – zum Beispiel als Rankhilfen alte Fenster aus der Neuen Spinnerei. Das neue Gewächshaus wird im Jahr der Landesgartenschau 2024 als Tropicarium für mediterrane und exotische Pflanzen genutzt werden.

Was noch fehlt ist der Beschluss des Gemeinderats zum geplanten Aussichtsturm oberhalb der Argenwiese. Während all diese Gebäude geplant und gebaut werden, laufen auch die Planungen für die mehr als 2000 Veranstaltungen. Und außerdem werden Blumen und Stauden im ganzen Gelände bunte Bilder zaubern. Damit das so sein wird, beginnt noch in diesem Frühjahr die Pflanzung.

Mit dem Ein-Jahr-vorher-Fest am 26. April 2023 auf dem Wangener Marktplatz beginnt die heiße Phase der Vorbereitung. Die Planungen für die Veranstaltungen und Ausstellungen laufen auf Hochtouren. Was da alles präsentiert wird, darf erst zum Start des Dauerkartenverkaufs am Sonntag, 10. September 2023, verraten werden.

(Pressemitteilung: Susanne Müller / Stadtverwaltung Wangen)