Ein FSJ ist mehr als nur eine Überbrückung

Kenneth Breuer leistet derzeit sein FSJ in der Tagesförderstätte im psychiatrischen Fachpflegeheim des ZfP in Riedlingen ab.
Kenneth Breuer leistet derzeit sein FSJ in der Tagesförderstätte im psychiatrischen Fachpflegeheim des ZfP in Riedlingen ab. (Bild: ZfP)

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Riedlingen (ZfP) – Wie ist es, während der Pandemie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) abzuleisten? Welche Vorteile bringt ein Freiwilligendienst? Kenneth Breuer macht derzeit sein FSJ im Fachpflegeheim des ZfP Südwürttemberg in Riedlingen und berichtet, wie ihm die Arbeit gefällt.

Pflegebedürftige betreuen, Spaß an der Arbeit mit Menschen haben und sich gleichzeitig beruflich wie persönlich weiterentwickeln – diese Erfahrungen hat Kenneth Breuer während seines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) im ZfP Südwürttemberg gemacht. Seit dem 1. September 2020 leistet der 19-Jährige sein FSJ in der Tagesförderstätte im psychiatrischen Fachpflegeheim des ZfP in Riedlingen ab. In der Einrichtung im Riedlinger Kapuzinerweg werden psychisch kranke und pflegebedürftige Menschen betreut. Zuvor besuchte Breuer das Gymnasium in Blönried.

Wegen der Corona-Lage beschloss er, die Schule nach der 11. Klasse zu verlassen. Der Schulabbruch so kurz vor dem Abitur beunruhigte den jungen Mann jedoch nicht, denn: Ein FSJ von mindestens sechs Monaten zählt als praktischer Teil der Fachhochschulreife. „Diese habe ich von der Schule angefordert, damit stehen mir viele Wege offen“, sagt Breuer.

Die Idee für das Freiwilligenjahr hatte er von einem Schulfreund, der ebenfalls die Schule vorzeitig beenden wollte. Auf das ZfP Südwürttemberg kam er über seine Schwester. „Sie arbeitet dort als Krankenpflegerin“, berichtet der junge Mann. Zuerst hatte er sich jedoch für eine Stelle in Bad Schussenried beworben. „Dann hieß es aber, dass für Riedlingen dringend jemand gesucht wird“, erinnert er sich. Da Riedlingen von seinem Wohnort Bad Buchau gut erreichbar ist, sagte er zu.

Zeit für die Menschen

In der Tagesförderstätte (TFS) betreut der FSJ-ler die Bewohnenden des Fachpflegeheims sowie die in der TFS beschäftigten psychisch kranken Menschen. Er unterstützte den bis vor kurzem dort tätigen Ergotherapeuten und bietet den anwesenden Klient*innen Beschäftigungsnagebote an. Dazu gehören basteln, Spiele spielen, industrielle Auftragsarbeiten und eine breit gefächerte Freizeitgestaltung.

„Ich kann sehr selbstständig arbeiten“, formuliert der Freiwillige, was ihm an der Arbeit in der TFS gut gefällt. Zudem finde er die Gespräche mit den Menschen schön. Durch das kleine Team könne er viel Verantwortung übernehmen und eigene Ideen einbringen. Im Rahmen der Einzelbeschäftigung könne er sich täglich die Zeit speziell für eine Bewohnerin oder einen Bewohner nehmen und beispielsweise gemütlich zum Eisessen oder spazieren gehen.

Besonders gefällt dem 19-Jährigen, Zugang zu den betreuten Menschen zu finden.
Besonders gefällt dem 19-Jährigen, Zugang zu den betreuten Menschen zu finden. (Bild: ZfP)

Der FSJ-ler erstellt zudem Wochenberichte über die Bewohnenden, in denen Verhaltensänderungen dokumentiert werden. Besonders schön fand es Breuer, Zugang zu den Menschen zu finden. „Ein Bewohner, der sonst nicht in die TFS kommen wollte, war plötzlich auch da“, berichtet der Freiwillige freudig. Ein neues Gesicht im Betreuungsteam mache eben neugierig. Auch erinnert er sich gerne an die Freitagsausflüge mit dem größeren Bus, mit dem das Team zusammen mit den Betreuten Rundfahrten in der Region durchführte. Hoffentlich sei da bald wieder mehr möglich, wünscht sich der FSJ-ler.

Denn eine große Herausforderung für Breuer und alle Beschäftigten des Fachpflegeheims war ein Corona-Ausbruch zu Jahresbeginn. Um die infizierten Bewohner*innen zu isolieren, räumten die Mitarbeitenden den Tagesförderstätteraum aus und richteten dort eine Isolierstation ein. Breuer half wegen des Personalausfalls kurzerhand in der Pflege mit. Der Einblick in den Pflegealltag sei zwar freiwillig, jedoch etwas anders als geplant abgelaufen: „In der kompletten Schutzausrüstung zu arbeiten, war echt anstrengend. Aber es war eine gute Erfahrung und ich habe seither großen Respekt vor den Pflegenden und dem, was sie in der Corona-Zeit alles leisten.“ Insgesamt habe er sich während seines gesamten FSJ „sehr gebraucht und gewollt gefühlt von den Kolleginnen und Kollegen“.

Engagement mit Mehrwert

Das FSJ habe einen guten Einblick gegeben und sei für ihn eine wertvolle Erfahrung gewesen. „Für alle, die nach dem Abschluss noch nicht weiter wissen, ist das FSJ eine gute Zeitüberbrückung“, empfiehlt der FSJ-ler.

Der Freiwilligendienst hat den jungen Erwachsenen aber auch persönlich weitergebracht, wie er festgestellt hat: „Ich bin selbständiger geworden, bin mit meinem eigenen Gehalt unabhängiger und habe ein besseres Gefühl für Geld entwickelt.“ Aber auch für seinen weiteren beruflichen Weg ist das FSJ für Breuer hilfreich: Er möchte das Jahr voraussichtlich noch bis Oktober verlängern und dann bei der Bundeswehr in Ulm eine Ausbildung zum Notfallsanitäter beginnen. „Ich wollte schon immer im sozialen Bereich arbeiten. Mein Vater ist Arzt, meine Mutter hat Biologie studiert und meine Schwester ist Pflegerin.“

Der FSJ-ler konnte sich während seines freiwilligen Jahres sowohl beruflich als auch persönlich weiterentwickeln.
Der FSJ-ler konnte sich während seines freiwilligen Jahres sowohl beruflich als auch persönlich weiterentwickeln. (Bild: ZfP)

Träger des FSJ ist die akademie südwest, die hauseigene Bildungseinrichtung des ZfP Südwürttemberg. Während des FSJ finden regelmäßig pädagogisch begleitete Seminarwochen statt, in denen sich die Freiwilligen der jeweiligen Region untereinander austauschen. „Auch wenn die meisten Seminarwochen nur online stattfinden konnten, entstanden tolle Freundschaften“, erzählt Breuer. Er freut sich schon, wenn er die anderen FSJ-ler*innen wieder „live“ sehen kann.

(Pressemitteilung ZfP Südwürttemberg)