Ein bergendes Haus und schützendes Dach für die Ungeschützten sein

Von links: Dr. Bettina Jäpel, Christoph Vieten und Barbara John erinnerten an die 619 ermordeten Patient*innen aus Bad Schussenried und an alle Opfer des Nationalsozialismus.
Von links: Dr. Bettina Jäpel, Christoph Vieten und Barbara John erinnerten an die 619 ermordeten Patient*innen aus Bad Schussenried und an alle Opfer des Nationalsozialismus. (Bild: ZfP Südwürttemberg)

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Bad Schussenried (ZfP) – Auch wenn keine öffentliche Gedenkfeier möglich war: Das Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus ist der Regionaldirektion Donau-Riss im ZfP Südwürttemberg auch in Corona-Zeiten wichtig. Im kleinen Kreis gedachten sie zusammen mit der Klinikseelsorgerin am 27. Januar, dem nationalen Gedenktag, aller Verstorbenen.

Am Denkmal „Offenes Haus“ neben dem Kloster Bad Schussenried kamen Dr. Bettina Jäpel und Christoph Vieten, Regionaldirektion Donau-Riss im ZfP, mit der katholischen Klinikseelsorgerin Barbara John im kleinen Kreis zusammen, um inne zu halten und um an die Verstorbenen zu erinnern. „Wir gedenken aller Opfer des Nationalsozialismus, aber besonders der deportierten und ermordeten Patientinnen und Patienten der damaligen Psychiatrischen Landesklinik Bad Schussenried. Zwischen Juni und Oktober 1940 waren dies 619 Menschen!“, verdeutlichte Regionaldirektorin Jäpel. Es sei wichtig, auch heute jedweden Anfängen zu wehren, zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben zu unterscheiden.

„Hier am Offenen Haus wird uns bewusst, wie schutzlos die psychisch Erkrankten waren, die Opfer der grausamen Ideologie wurden“, stellte Klinikseelsorgerin John fest. Die Ausmaße des damaligen Handelns seien unvorstellbar, die Menschen hätten Beistand finden müssen. „Wir haben heute den Auftrag, für die Ungeschützten unserer Zeit bergendes Haus und schützendes Dach zu sein“, bekräftigte die Klinikseelsorgerin.

Gemeinsam legten die Beteiligten einen Kranz nieder und stellten Kerzen an dem Mahnmal ab. „Wir denken auch an die Menschen, die heute noch bedroht sind und durch ihre Krankheit ausgegrenzt werden“, hieß es im gemeinsamen Gebet. Man müsse in der heutigen Zeit immer wieder neu einstehen für Benachteiligte und Minderheiten. Die Regionaldirektion und die Klinikseelsorgerin hoffen, dass im nächsten Jahr wieder eine öffentliche Gedenkveranstaltung möglich sein wird.

i: Seit 1996 ist der 27. Januar der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“, an dem bundesweit an die Geschehnisse der damaligen Zeit erinnert wird. Der sogenannten „Euthanasie-Aktion“ fielen während des Zweiten Weltkriegs rund 300.000 psychisch Kranke und Behinderte zum Opfer. Das ZfP Südwürttemberg veranstaltet jährlich Gedenkfeiern an den Standorten Bad Schussenried, Weissenau und Zwiefalten.