Digitale Lernumgebung für eine bessere Leseflüssigkeit

Digitale Lernumgebung für eine bessere Leseflüssigkeit
Auf dem Weg zur digitalen Lernumgebung „GameLet“: Professorin Dr. Ute Massler (rechts) bei der Projektentwicklung mit Teammitgliedern und Schülern der Realschule Weingarten. (Bild: Pädagogische Hochschule Weingarten)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Projekt „GameLet“ der PH Weingarten, der Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort sowie Hochschulen in Portugal und Zypern

Weingarten – Um die Leseflüssigkeit und damit die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern der sechsten bis siebten Klassen zu verbessern, haben die Fächer Englisch und Mediendidaktik der Pädagogischen Hochschule (PH) Weingarten sowie die Realschule Weingarten in Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulen, Schulen und Ministerien aus Deutschland, Portugal und Zypern eine digitale Lernumgebung mit spielerischen Elementen entwickelt.

Das Projekt heißt „GameLet“ (gamifiziertes, medienbasiertes Leseflüssigkeitstraining). Unterstützt wurde es mit 350.000 Euro aus dem europäischen Programm Erasmus+ für den Zeitraum 2018 bis 2021.

Etwa ein Viertel bis ein Fünftel der Kinder hat nach der Grundschule nicht die erforderliche Lesekompetenz. Daher verwundert es auch nicht, dass rund jeder fünfte 15-Jährige in Deutschland im Bereich Lesen gerade einmal Grundschulniveau erreicht (PISA 2018). Tendenz steigend.

„Dieses Defizit beeinträchtigt das Lernen in anderen Schulfächern und kann zu schlechteren Noten führen“, erläutert GameLet-Projektleiterin Professorin Dr. Ute Massler von der PH Weingarten. Müssten die Schülerinnen und Schüler in den folgenden Schuljahren doch immer mehr lesen, um neue Inhalte zu lernen. Die Leseflüssigkeit ist als ein Aspekt der Lesekompetenz von zentraler Bedeutung, da sie eine Brückenfunktion zwischen Dekodierleistung und Textverständnis bildet. „Es geht darum, ebenso schnell, korrekt und gut intoniert zu lesen wie zu sprechen“, sagt Professorin Dr. Massler. Werde die Leseflüssigkeit gefördert, wachse gleichzeitig das Textverständnis.

Erweiterung des Mehrsprachigen Lesetheaters

Genau hier setzt GameLet an. Es basiert auf dem Ansatz des Mehrsprachigen Lesetheaters (MELT), einer Lautlesemethode zur Förderung der Leseflüssigkeit in verschiedenen Sprachen. Im Unterschied zu herkömmlichen Theaterinszenierungen rezitieren Schülerinnen und Schüler nicht frei, sondern lesen die MELT-Texte in verteilten Rollen und in mehreren Sprachen szenisch vor.

„Mit Hilfe mediengestützter Einheiten erweitert GameLet das Mehrsprachige Lesetheater zu einer digitalen Lernumgebung“, erklärt Professorin Dr. Massler. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu ihrer erfolgreichen Podcast-Produktion durch eine Reihe von Aufgaben verschiedener Level, so genannte Missionen, geführt, die durch Lernspiele angereichert sind. „Die integrierten spielerischen Elemente haben das Ziel, die Lern- und Lesemotivation zu fördern.“

Herzstück von GameLet ist ein Podcast

In der GameLet Lernumgebung werden die Schülerinnen und Schüler von einem Produzenten als Sprecher für seinen neuesten Podcast engagiert, beispielsweise für eine moderne Adaption des Märchens von Hänsel und Gretel. Sie verlaufen sich zwar auch im Wald, müssen nun aber das Problem von Netzausfällen auf ihren Handys lösen, um der Hexe zu entkommen.

„Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Rollen in diesem Lesetheaterstück und üben gemeinsam und online für die Aufnahme eines Podcasts in verschiedenen Sprachen, dem Herzstück von GameLet“, beschreibt Professorin Dr. Massler. Systematisch und mit Spaß erarbeiten sich die Lernenden eine bessere Leseflüssigkeit. Dabei rege die Lernumgebung auf spielerische Weise dazu an, die Rollentexte wiederholt zu lesen. „Dies führt zu Automatisierungen, erweitert den Sichtwortschatz und führt zu einem tieferen Verständnis des Textes“, beschreibt Professorin Dr. Massler.

Wer viel übt und dadurch korrekt und gut intoniert vorliest, bekommt mehr Punkte und kann diese dazu verwenden, die Präsentation des aufgenommenen Podcasts mit einem professionellen Cover, Jingle und weiteren Elementen zu versehen.

GameLet nutzt für den Lernfortschritt drei Dimensionen: Modelllesen einer geschulten Vorleserin mit angemessener Intonation und Aussprache, um den Text zunächst zu hören, mehrmaliges Aufnehmen des eigenen Vorlesens sowie Auswählen der besten Version, für die man sich Feedback einholen kann. „Mit GameLet können die Schülerinnen und Schüler das Lesen zusammen mit Lesepartnern online trainieren“, so Professorin Dr. Massler. Die Lernumgebung enthält mehrsprachige Texte, wodurch die Lernenden ihre Leseflüssigkeit sowohl in Deutsch als auch in Englisch trainieren.

Viele positive Rückmeldungen

Positiv sind die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler in den Projektklassen der drei Partnerländer. „Die Schüler haben die Erfahrung wirklich genossen. Sie schätzten die gemeinschaftliche Arbeit, das spielerische Lernen, die digitalen Werkzeuge und die Tatsache, dass die Aktivitäten sowohl in der Klasse als auch aus der Ferne durchgeführt werden konnten“, erklärt Forscherin Cristina Sylla von der University of Minho in Portugal. Dies kann Professorin Dr. Massler nur bestätigen.

Für Lehrkräfte gab es bereits mehrere Multiplier-Veranstaltungen. „Auch hier sind die Rückmeldungen positiv. 80 Prozent der Teilnehmenden würden gerne GameLet im Unterricht einsetzen“, berichtet Professorin Dr. Massler.

(Pressemitteilung: Claudia Wörner/Pädagogische Hochschule Weingarten)