Die Sorgenfalten der Landwirte werden immer tiefer

Die Sorgenfalten der Landwirte werden immer tiefer
Viel Arbeit, viele Sorgen. Die Landwirte fürchten um die Versorgung in Deutschland. (Bild: Pixabay)

Der Kreisbauernverband Biberach-Sigmaringen, hatte am vergangenen Dienstag, 9. August, zu seinem jährlichen Erntepressegespräch eingeladen. Zwar wurden die Ergebnisse des bisherigen Erntejahres vorgestellt, doch diese rückten, angesichts der weiteren Informationen, nahezu in den Hintergrund. Alle Vorstandsmitglieder brachten die aktuelle Situation der landwirtschaftlichen Betriebe auf den Punkt: Mit der derzeitigen Landwirtschaftspolitik steuert die Republik auf dieselbe Abhängigkeit vom Ausland hin, wie bei Strom und Gas!

Der Kreisvorsitzende Karl Endriß eröffnete die Pressekonferenz mit dem Hinweis, dass die Landwirtschaft vor einer Zeitenwende stehe. Dringend warnte er Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, das Amt weiterhin unter ideologischen Gesichtspunkten zu führen: „Wenn wir so weiter machen, gefährden wir die Eigenversorgung in unserer Republik.“ Diese beträgt derzeit gerade noch 100 Prozent. Diese werde aber schon bei der geplanten Flächenstilllegung von weiteren 4 Prozent deutlich unterschritten. „Wo kommt dann der Rest für die Versorgung unserer Bevölkerung her, und zu welchen Bedingungen,“ fragte sich Endriß, mit einem Blick in das nächste Jahr.

Probleme massiv, Politik naiv

Martina Magg-Riedesser beschrieb die Extremsituation beim Strukturwandel im Schweinmastbereich: „Wir erzielen immer geringere Erlöse, während die Kosten steigen. An jeden Schwanz eines schlachtfertigen Schweins hängen wir derzeit 30 Euro, bei Ferkeln 10 Euro an Verlust.“ Jetzt, so Magg-Riedesser, sei die Stunde der Wahrheit gekommen und appellierte deshalb an die Verbraucher: „Zeigen sie durch ihr Einkaufsverhalten ihre Solidarität mit der heimischen Landwirtschaft!“ Dass dieser Appell bitter nötig ist, zeigt die derzeitige Eigenversorgung mit Schweinefleisch, die nur noch zu 40 Prozent aus der Region stammt. Ein Blick auf das vergangene Jahr zeigt die dramatische Entwicklung: „Vor einem Jahr lag sie noch bei knapp 50 Prozent“, so Magg-Riedesser. Ihr Ausblick ist düster, denn sie befürchtet, dass die immer weiter ausufernden und belastenden Vorschriften für die Landwirtschaft, eine ausreichende Produktion zur Eigenversorgung unmöglich machen. Unsäglich findet sie, dass mit den von Landwirten erzeugten Lebensmitteln an der Börse spekuliert wird: „Das widerstrebt meinem Wertegefühl.“

Auch Vorstandsmitglied Alexander Keller stellte sich die Frage nach der Zukunft der Landwirtschaft: „Die Politik entzieht der landwirtschaftlichen Produktion systematisch die Grundlage.“ Dies belegte er u. a. mit der geforderten Flächenstilllegung (vier Prozent), der auszuweisenden Fläche von zwei Prozent für Windkraft und Photovoltaik, sowie der gewollten Stärkung des ökologischen Anbaus. „Wo kommen dann die landwirtschaftlichen Produkte für die Verbraucher her“, stellte er als Frage in die Runde. Er gab die unbequeme Antwort selbst: „Um die Versorgung sicher zu stellen, macht unsere Politik dann den Kotau vor Ländern, in denen unsere Vorschriften kein Thema sind und die politischen Verhältnisse nicht unseren Werten entsprechen.“ Endriß ergänzte: „Was bei uns nicht produziert werden kann, wird als Folge in Brandrodungsgebieten in Regenwäldern angebaut.“

Endriß äußerte sich ebenfalls kritisch zur geplanten Flächenstilllegung: „Dies stellt eigentlich eine Teil-Enteignung der Betriebe dar.“ Sein Blick in die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe ist skeptisch: „Wir rechnen damit, dass nur noch zwei von zehn Betrieben übernommen werden. Einerseits, weil es sich nicht mehr rechnet und die Belastung einfach hoch ist. In einem regulären Beruf, kann man bis zum Dreifachen dessen verdienen, was in der Landwirtschaft möglich ist.“

Bange Blicke auf das nächste Jahr

Mit einem Ausblick auf das kommende Jahr, wies Keller auf die Problematik der Düngemittelversorgung hin: „Dünger wird vorwiegend in Staaten mit Erdgasvorkommen produziert. Also auch in Russland und in der Ukraine. Es ist ungewiss, wann und zu welchem Preis. Ob der noch nicht produzierte Dünger seinen Weg auf unsere Höfe findet, ist ungewiss. Im Frühjahr brauchen wir ihn dann nicht mehr.“ Endriß hakte ein und betonte: „Dann unterhalten wir uns in einem Jahr über ganz andere Problemstellungen.“ Verschärft wird die schwierige Situation durch horrend gestiegene Kosten für Treibstoffe, Betriebsmittel und Dünger. Die Treibstoffpreise haben sich verdoppelt, die Kosten für Dünger nahezu vervierfacht. „Die aktuell guten Erlöse können das nicht auffangen“, so Endriß.

Trotz Hitzeperioden ordentliche Ernte

Überragende Qualität erbrachte der Winterraps, der mit einem überdurchschnittlichen Ertrag auch ein Spitzenergebnis im Ölgehalt erzielte. Ebenfalls erfreulich waren Qualität und Ergebnis bei der Wintergerste. Sie lagen tendenziell ebenso leicht über dem mehrjährigen Durchschnitt, wie die Sommergerste. Die Braugerste, so Endriß, liefere in diesem Jahr eine Top-Qualität. Zufriedenstellend, fiel das Ergebnis beim Hafer aus, während beim Weizen gerade noch durchschnittliche Mengen gedroschen wurden. Fehlender Regen und verhaltene Düngung sorgten für einen geminderten Eiweißgehalt. Regional seien jedoch, je nach Boden deutliche Unterschiede feststellbar. „Wer hohe Erträge erzielte, hatte meist eine unterdurchschnittliche Qualität. Geringere Erträge wiesen meist eine bessere Qualität auf“, so Endriß.

Das Grünland brachte zunächst gute Ergebnisse, die fehlenden Niederschläge und Hitzeperioden sorgten in der Folge jedoch für eine Verlangsamung des Aufwuchses. Ähnlich gut startete der Mais, die weitere Entwicklung ist jedoch wegen der langen Trockenperiode noch nicht absehbar.

Gastgeber mit Milchproduktion

Die Gastgeberfamilie Nusser (Bischmannshausen) und der Vorstand des Kreisbauernverbandes Biberach-Sigmaringen präsentierten sich nach einer kurzen Hofführung
Die Gastgeberfamilie Nusser (Bischmannshausen) und der Vorstand des Kreisbauernverbandes Biberach-Sigmaringen präsentierten sich nach einer kurzen Hofführung (Bild: Maximilian Kohler)

Jährlich wechseln die Gastgeber des Erntegespräches. In diesem Jahr fand es auf dem Hof der Familie Nusser statt. Der seit Generationen geführte Betrieb betreibt 170 Hektar Fläche, davon 70 Hektar Grünland und 100 Hektar Ackerland. Die Veränderungen der Landwirtschaft brachte Senior Franz Nusser zum Ausdruck: „Früher waren wir im Dorf noch 10 Landwirte, heute sind es nur noch zwei. Der Leidensdruck in der Landwirtschaft ist groß, aber die Politik lässt alles so laufen, ohne einzugreifen.“ Sein Sohn Markus stimmte ihm zu: „Wenn sich für uns Landwirte nicht grundsätzlich etwas ändert, bin ich wohl die letzte Generation, die hier Landwirtschaft betreibt.“