Die Gutenzeller Barockkrippe

Krippenfiguren / Symbolbild
Krippenfiguren / Symbolbild (Bild: pixabay)

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Biberach/Gutenzell – In der Klosterkirche Gutenzell ist traditionell die wunderschöne Krippe vom 4. Advent bis zum 2. Februar (Lichtmess), jeweils 9-18 Uhr, zu besichtigen. Es wird gebeten, sich an die geltenden Corona-Hygieneregeln zu halten. Führungen werden in diesem Jahr keine angeboten.

Zur Geschichte der Gutenzeller Barockkrippe: Aus Mindelheim, wo die Jesuiten schon im 17. Jahrhundert unter anderem eine barock bekleidete Großfigurenkrippe geschaffen hatten, stammte die Klosterfrau Regina Hochwindt, die in Gutenzell 1696 zur Äbtissin gewählt wurde. Sie stand dem Zisterzienserinnen-Konvent als Äbtissin Maria Viktoria bis 1718 vor. Wohl angeregt durch die Krippentradition ihrer Heimatstadt, ließ sie die ersten Figuren der Gutenzeller Barockkrippe fertigen. 1704 wurde die Dreikönigskrippe erstmals im Kirchenraum aufgestellt. Im Laufe der Jahrzehnte folgten weitere Darstellungen, Einzelfiguren und Figurengruppen. Zwischen 1740 und 1750 entstanden die hochbarocken Läuferengel, 1750-1755, schon im Stil des Rokoko, die Hochzeit zu Kana. Selbst nach der Säkularisation, als die Nonnen nur noch geduldete Insassen des Klosters waren, schufen sie weitere Krippenfiguren und den Kindermord zu Bethlehem.

Der rationalistischen Aufklärung fehlte jegliches Verständnis für den geistlichen Gehalt der Krippenszenerien. So ist es zu erklären, dass das Gutenzeller Pfarramt – nach wiederholtem Mahnen – am 27. November 1826 einen Krippenverbotsbrief vom Bischöflichen Generalvikariat in Rottenburg erhielt. Die Krippe durfte nicht mehr in St. Kosmas und Damian aufgestellt werden. Bald darauf haben wohl die im ehemaligen Zisterzienserinnenstift verbliebenen Klosterfrauen die Krippenfiguren im Fehlboden eines Nebenraumes der Nonnenempore versteckt. 1851 starb die letzte Gutenzeller Nonne und mit ihr ging auch das Wissen um die Barockkrippe verloren. 1864 wurde der größte Teil des Klosters abgerissen. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte der damalige Pfarrer Linus Staiger die Krippenfiguren bei Renovierungsarbeiten wieder. Nach einer ersten Restaurierung zeigte man die Krippe wieder der Öffentlichkeit. Die Aufstellung erfolgte in einem Krippenberg in der heutigen Kosmas-Damian-Kapelle mit wechselnden Szenen.

Erst seit ihrer Restaurierung im Landesmuseum Stuttgart (1950-1952) erstrahlt die Krippe wieder in ursprünglicher barocker Pracht. Dabei wurde auch entschieden, die einzelnen Szenen gleichzeitig aufzubauen. Die Aufstellung erfolgte im linken Seitenschiff der Kirche unter der Nonnenempore. Die Dreikönigskrippe stand quer im Gang, zwischen den Pfeilern war eine weitere Szene platziert, so dass eine stimmungsvolle Krippennische entstand. Der Besucherzuwachs erforderte 1986 den Bau von schützenden Gehäusen für die einzelnen Szenen. Zwischen 1991 und 1998 wurden die rund 100 Figuren einer weiteren behutsamen Restaurierung unterzogen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses einmalige Kulturdenkmal aus der Klostergeschichte Gutenzells auch weiteren Generationen erhalten bleibt. (Aus „Die Gutenzeller Barockkrippe“, Autor Karl Linder, ISBN 3931820998, erschienen 1999 im Kunstverlag Josef Fink, erhältlich am Schriftenstand am Haupteingang der Gutenzeller Barockkirche)

Kirchengemeinde Gutenzell