Der verlängerte Lockdown bringt viele Handwerksbetriebe an die Belastungsgrenze – Gelder müssen fließen

Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.
Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm. (Bild: Handwerkskammer Ulm)

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Zu der von Bund und Ländern beschlossenen Verlängerung des Lockdowns zunächst bis zum 7. März 2021 erklärt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm:

„Es ist gut, dass es für die Friseurbetriebe endlich eine klare Perspektive gibt und diese ab Anfang März unter Auflagen wieder öffnen dürfen. Das gibt den seit Mitte Dezember 2020 geschlossenen Friseuren Planungssicherheit und nimmt den Betrieben und ihren Beschäftigten ein Stück Existenzangst. Zudem hilft es, einen hohen Verlust von Arbeits- und Ausbildungsplätzen abzuwenden. Dieser Beschluss würdigt nicht zuletzt auch die von unseren Friseurbetrieben – im gesamten Kammergebiet gibt es davon rund 1.700 – erarbeiteten und umgesetzten Hygienekonzepte. Gleichzeitig ist es sehr bedauerlich, dass das Kosmetikerhandwerk bei den gestrigen Beschlüssen keine Berücksichtigung gefunden hat – auch für diese Handwerksbetriebe liegen gute Hygienekonzepte vor, die eine Öffnung erlaubt hätten.

Die Verlängerung des Lockdowns belastet sehr viele Handwerksbetriebe anderer Gewerke in zunehmendem Maße und bringt viele von ihnen an ihre Belastungsgrenze. Dabei könnten bei Einhaltung aller Hygienestandards neben Friseurbetrieben auch Kosmetikstudios und Ladengeschäfte von Handwerkern wieder öffnen. Im Gebiet der Handwerkskammer Ulm zwischen Ostalb und Bodensee sind mehr als 3.000 der insgesamt rund 19.500 Handwerksbetriebe direkt vom Lockdown betroffen. Und auch unsere knapp 1.400 Kosmetikbetriebe brauchen dringend eine klare Öffnungsperspektive, um planen zu können.

Wir wollen im regionalen Handwerk möglichst rasch wieder zu einem weniger eingeschränkten Alltag und Geschäftsbetrieb zurückkehren. Das kann verantwortungsvoll gelingen. Aber es kann nur dann gelingen, wenn wir die weiterhin von den Beschränkungen besonders betroffenen Betriebe und Unternehmen nicht allein lassen. Das endgültige Aus dieser Betriebe werden wir nur verhindern können, wenn die zugesagten Finanzhilfen des Bundes auch in voller Höhe auf den Konten der Betroffenen eingehen. Für die Betriebe wird die Situation mit jedem weiteren Tag, den sie geschlossen bleiben, zunehmend existenzgefährdend.

Ein guter und längst überfälliger Schritt ist, dass die Überbrückungshilfe III nun beantragt werden kann. Aber die Gelder müssen jetzt zügig fließen, wenn man nicht will, dass Handwerksbetriebe in die Insolvenz getrieben werden. Nur so kann ein größerer und dauerhafter Schaden abgewendet werden. Zudem machen wir uns bereits seit Beginn der Pandemie für eine Erweiterung des geltenden steuerlichen Verlustrücktrags für Betriebe stark. Gut, dass er jetzt ansatzweise beschlossen ist. Da geht aber noch mehr. Die Verlustverrechnung muss zusätzlich auf mehrere Jahre ausgeweitet werden, denn sie wirkt gut und entlastet betroffene Unternehmen und Betriebe enorm. Gleichzeitig werden dadurch grundsätzlich gesunde Betriebe, die allein durch die Pandemie und die angeordneten Schließungen geschädigt wurden und ihre Steuern immer bezahlt haben, entlastet und gestützt. Davon wird unser Staat wieder profitieren, wenn diese Betriebe nicht verschwinden und dann wieder diese so wichtigen Steuern erwirtschaften.“