„Der Spitalfonds kann dem Gutachten so nicht zustimmen“

Die Kliniken der Standorte in Bad Saulgau und Pfullendorf sollen geschlossen werden.
Die Kliniken der Standorte in Bad Saulgau und Pfullendorf sollen geschlossen werden. (Bild: Privat)

Wer im Live-Stream oder gar persönlich von der Informationsveranstaltung in Hohentengen, spektakuläre Neuigkeiten erwartete, wurde sicher enttäuscht. Immer wieder wurde seitens der Beratungsgesellschaft Curacon, den SRH Verantwortlichen und Landrätin Stefanie Bürkle betont, dass die bestmögliche Gesundheitsversorgung im Landkreis angestrebt und sichergestellt werden solle. Mindestens genauso oft wurde betont, dass dies durch die, sich verändernden Bedingungen, nur mit der Schließung der Standorte in Bad Saulgau und Pfullendorf erreichbar sei.

Thomas Kugler (Pfullendorf), der für den Spitalfonds der Stadt sprach, wandte sich gegen den bisher vorgestellten Lösungsweg und begrüßte, dass eine zweite Meinung zur Problemlösung eingeholt werde.

Großes Besteck für den Abend

Die Verantwortlichen hatten ein starkes Team für diesen Abend aufgeboten: SRH Vorsitzender Prof. Dr. Christoph Hettich, Dr. Jan-Ove Faust (Geschäftsführer der SRH Kliniken Sigmaringen), Christian Heitmann (Unternehmensberatung Curacon). Zusammen mit der Landrätin unterstützten sie, die von Curacon gegebenen Empfehlungen, die Zukunft der Gesundheitsversorgung am Standort Sigmaringen zu konzentrieren. Wenn Bürkle auch betonte, dass noch keine Entscheidung getroffen sei, ließ sie doch durchblicken, dass sie den von Curacon vorgeschlagenen Weg angesichts der sich rasant verändernden Welt der Gesundheitsversorgung für richtig hält.

Leuchtturmprojekt wurde nicht umgesetzt

Faust wies in seinem Statement darauf hin, dass die Garantie, eine gute stationäre Versorgung im Kreis sicherzustellen, oberste Priorität besitze. Gleichzeitig räumte er ein, dass das Leuchtturmprojekt Pfullendorf nie umgesetzt wurde und das Curacon-Gutachten eine Zumutung für Bad Saulgau und Pfullendorf darstelle. Er versicherte aber, dass genau dies eine hervorragende medizinische Versorgung sichere. Er forderte deshalb die Gesellschafter auf, dem Konzept zuzustimmen.

Viele Zahlen und Erklärungen

Heitmann beschrieb für die Unternehmensberatung Curacon die Herangehensweise an das Gutachten. Er stellte die Versorgungszahlen für die Kreisbevölkerung in den drei Häusern und deren Patientenzahlen vor. In seiner Zusammenfassung der Erhebungen stellte er fest, dass eine Steigerung der Patientenzahlen nicht mehr erreichbar sei, der Markt sei durch an das Kreisgebiet angrenzende Klinikbetreiber vollkommen ausgeschöpft. Sinkende Fallzahlen und die nicht mehr gegebene Notfallstufe für Saulgau und Pfullendorf, würden zudem für ein deutlich rechnerisches Minus im Betriebsergebnis sorgen.

Die in beiden Standorten notwendigen Investitionen in Höhe von rund 30 Millionen, sei zudem von diesen Häusern bei weitem nicht zu refinanzieren. Ausführlich wies er noch auf die Probleme bei der Suche nach einer ausreichenden Zahl von Fachkräften und Ärzten hin. Heitmann skizzierte die Herangehensweise an das Gutachten und untermauerte seine Aussagen, mit den von Curacon erhobenen Zahlen. Danach sind 330 Betten in Sigmaringen für die stationäre Versorgung der Kreisbevölkerung ausreichend.

Heitmann trug die Ergebnisse sehr sachlich vor, seine Ausführungen zu „den paar Kilometern weiter“, wenn eine andere Klinik außerhalb des Kreises aufgesucht werden müsse, stießen aber auf Protest im Saale.

Verunsicherung auf allen Seiten

Hettich (SRH) gab zu, dass die Analyse und die Folgerungen eine große Zumutung seien. Er betonte aber: „Wir stellen uns aber den Fragen und Themen, wir zeigen Gesicht.“ Auch er forderte die Gesellschafter der Kreiskliniken auf, nicht zu lange mit einer Entscheidung zu warten.

Mit bedauernden Worten versuchte Bürkle die Situation zu beschreiben: „Ich musss erkennen, dass es so nicht mehr weiter geht. Das Gutachten verunsichert uns und sie!“ Den schwierigen Prozess der Klinikschließungen habe sie selbst hautnah am Beispiel Riedlingen erlebt.

Spitalfonds lehnt jetziges Gutachten ab

Deutlich wurde Bürgermeister Kugler, der für den Spitalsfonds sprach: „Die Menschen in Pfullendorf und Saulgau sind konsterniert. Der Curacon-Vorschlag bedeutet brutale Einschnitte für die Menschen in beiden Raumschaften. Für den Spitalsfonds kann ich so dem Gutachten nicht zustimmen.“ Kugler möchte über die Zukunft der Klinikstandorte sprechen und ein tragfähiges Konzept erstellen. Insofern begrüße er die Einholung eines zweiten Gutachtens.

Neue Entwicklungen lassen aufhorchen

Am Wochenende haben die landesweiten Krankenhausdiskussionen eine neue Wendung erfahren. In Geislingen stimmten in einem Bürgerentscheid die Wähler mit über 80 Prozent dafür, den Kreis Göppingen zu verlassen, um in den Alb-Donau-Kreis zu wechseln. Hintergrund ist ein Mehrheitsbeschluss des Göppinger Kreistages, die in Geislingen befindliche Helfenstein Klinik zu schließen.

Ähnliches könnte auch in Bad Saulgau passieren. Schon am Sonntag waren die Ortsschilder von Aktivisten ausgetauscht worden. Statt Landkreis Sigmaringen war nun Ravensburg zu lesen. Ein Fingerzeig?