Der erste grüne Bürgermeister Deutschlands im Gespräch

Braun ist auch Kulturliebhaber. Hier besucht er eine Ausstellung mit Bienenwachsbildern In Bad Schussenried
Braun ist auch Kulturliebhaber. Hier besucht er eine Ausstellung mit Bienenwachsbildern In Bad Schussenried (Bild: PR)

Elmar Braun, gelernter Biologielaborant bei der Fa. Thomae (heute Boehringer Ingelheim), stieß 1983 zu den Grünen. Kommunalpolitisch engagierte er sich danach im örtlichen Gemeinderat und im Biberacher Kreistag. 1991 trat er als Bürgermeisterkandidat gegen zwei offizielle Mitbewerber und einem, der von einer Interessengruppe über Flugbätter lanciert wurde, an.

Im zweiten Wahlgang wurde Braun zum Nachfolger des schwer erkrankten Roland Schmid gewählt. Er war damit der erste grüne Bürgermeister Deutschlands, ein echter Kulturschock für das damals CDU-dominierte Oberschwaben. Heute ist Braun nach 30 Dienstjahren mehr als „angekommen“, wie sein letztes Wahlergebnis von 2019, bei dem er 85,1 Prozent der Stimmen erhielt, deutlich belegt.

Das Wochenblatt führte ein Interview mit dem dienstältesten, grünen Bürgermeister der Republik.

Herr Braun, wie kamen Sie zur Kommunalpolitik in Maselheim?

Ich bin aufgewachsen in Sulmingen, einem Teilort von Maselheim. Als Jugendliche hatten wir einen Jugendraum. Als dieser geschlossen werden sollte, wurden wir, andere und ich, mit Kommunalpolitik konfrontiert, deshalb habe ich zum ersten Mal als Ortschaftsrat kandidiert. Als Naturschützer habe ich damals schon die Veränderungen durch das menschliche Tun gesehen und kritisiert. Deshalb bin ich zu den Grünen gekommen.

Was war Ihre berufliche Tätigkeit vor dem Amt als Bürgermeister, wo wohnten Sie?

Ich wohnte auf dem Bauernhof meiner Eltern, wo ich auch heute noch lebe, und war Biologielaborant bei Thomae in Biberach.

Wie wurden Sie in Verwaltungs- und Kollegenkreisen als bekennender „Grüner“ im damals noch CDU dominierten Kreis Biberach aufgenommen?

Da ich ja auch vorher im Kreistag war, haben mich einige der Kollegen schon gekannt. Dementsprechend gab es Vorbehalte und auch Ablehnung in einzelnen Fällen. Das hat sich aber schnell gegeben!

Vom Maselheimer Rathaus aus leitet Elmar Braun die Geschicke seiner Gemeinde
Vom Maselheimer Rathaus aus leitet Elmar Braun die Geschicke seiner Gemeinde (Bild: PR)

Was war Ihre schwerste Entscheidung als Bürgermeister?

Die ganze Thematik um den Motopark vor einigen Jahren. Hier den richtigen Weg zu finden, hat mich sehr geplagt und belastet. Hier habe ich einmal ganz intensiv erlebt, was es heißt Führung zu leben und zu zeigen.

… die schwerste Entscheidung im Kreistag?

Die Privatisierung der Krankenhäuser. Das war für mich die Bankrotterklärung der Kommunalen Selbstverwaltung, aber ich habe keine andere Möglichkeit gesehen. Das heutige Verständnis der Kommunalpolitik macht es nahezu unmöglich, schwierige Entscheidungen zu treffen. Solche schwierigen Entscheidungen waren und sind aber notwendig.

Wie hat sich Maselheim seit 1991 entwickelt (z.B. Zusammenwirken mit den Teilgemeinden)?

Die Ortsteile sind durch verschiedene begleitende Maßnahmen, immer mehr zu einer Gemeinde geworden. Wir haben eine Grundschule mit zwei Standorten. Eine Kindergartenkonzeption für den Gesamtort. Eine Feuerwehr mit vier Abteilungen etc.. Nur als einige Gemeinde können wir auch in Zukunft attraktiv bleiben

Sehen Sie Fortschritte oder Bewegung bei „Grünen Themen“ im Landkreis?

Sehr viele! In den Haushaltsreden und den Meinungen dazu, sind die Grünen Themen zumindest verbal angekommen. Auch in der Gesellschaft wird heute ganz anders diskutiert und Probleme deutlicher gesehen als vor 30 Jahren. Jetzt gilt es diese Themen umzusetzen und die nächsten Schritte zu gehen. Zum Beispiel bei der Biodiversität würden wir gerne noch viel mehr machen!

Gespräch zwischen zwei Urgesteinen der Grünen im Ländle
Gespräch zwischen zwei Urgesteinen der Grünen im Ländle (Bild: PR)

Wie beurteilen Sie die politischen Fliehkräfte durch die Pandemie?

In diesen Zeiten wurde deutlich, dass es immer mehr Egozentriker gibt. Die Pandemie hat eine Entwicklung verstärkt, die sich aber schon seit längerem abzeichnet. Es gibt keinen gesellschaftlichen Konsens mehr. Die notwenigen Maßnahmen zur Abwehr dieser Krankheit, haben den Glauben an die absolute Selbstverwirklichung des Einzelnen erschüttert. Das verunsichert und provoziert!

Welche Ziele sollte die neue Grün-Schwarze-Landesregierung unbedingt verwirklichen?

Bei allen berechtigten und notwendigen Maßnahmen sollte die Haushaltsdisziplin eingehalten werden. Auch die Finanzpolitik muss solide und enkelgerecht sein!

Haben Sie Sorge, dass Querschläge, wie jüngst durch Boris Palmer, dem derzeitigen Höhenflug der „Grünen“ schaden könnten?

Mir machen die „fake-news“ also Nachrichten, die schlichtweg falsch sind, viel mehr Sorgen. Dadurch wird die notwendige Auseinandersetzung um Themen gestört. Bei den angesprochenen Querschlägen kommt es vor allem darauf, an klug damit umzugehen. Dann kann das sogar einen positiven Effekt haben. Ich halte Boris Palmer für einen guten Oberbürgermeister, der nur manchmal etwas unklug agiert!

Welchen Hobbys gehen Sie nach?

Zurzeit beschäftigten mich meine Bienen und der Gemüsegarten, sowie die Hühnerhaltung am meisten. Aber ich träume auch schon wieder von einer Motorradausfahrt mit Freunden. Da haben wir in den letzten Jahren, durch Corona noch verstärkt, immer wieder auch Deutschland, Eifel, Hunsrück, Westerwald etc. erkundet.

Wenn Sie spontan eine Reise (weltweit) antreten könnten/dürften, wo wäre Ihr Traumziel und wen würden Sie unbedingt mitnehmen?

Dann würde ich mal wieder mit meiner Allerliebsten nach Taiwan fliegen. Da habe ich in den letzten Jahren sehr viel gelernt und Freunde gewonnen!

Taiwan ist ein kleiner Inselstaat 180 km östlich von China.
Taiwan ist ein kleiner Inselstaat 180 km östlich von China. (Bild: Pixabay)