Den Handwerksbetrieben setzt die Krise immer weiter zu

Dem Handwerk setzt die andauernde Krise immer stärker zu.
Dem Handwerk setzt die andauernde Krise immer stärker zu. (Grafik: www.amh-online.de)

WOCHENBLATT
WOCHENBLATT

Ulm – Viele Handwerksbetriebe zwischen Ostalb und Bodensee sind – laut Mitteilung der Handwerkskammer Ulm – nicht mehr so gut ausgelastet wie im Vorjahreszeitraum und haben Umsatzeinbußen zu beklagen. Das belegt eine Blitzumfrage der Handwerkskammer unter ihren Mitgliedsbetrieben.

Rund 40 Prozent der befragten Betriebe geben darin an, derzeit zu weniger als 60 Prozent ausgelastet zu sein. Über ein Drittel sind nach wie vor sehr gut ausgelastet: 23 Prozent berichten von einer guten bis sehr guten Auslastung und rund 14 Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, derzeit über ihre Kapazitätsgrenzen hinaus ausgelastet zu sein.

Beim Umsatz sei ein Abwärtstrend zu beobachten. So hat rund jeder vierte Befragte in der Region angegeben, aktuell überhaupt keine Umsätze erwirtschaften zu können. Bei 17 Prozent ist der Umsatz gegenüber dem Vorjahresmonat um mehr als die Hälfte zurückgegangen, bei weiteren elf Prozent liegt er rund 50 Prozent unter Vorjahr.

Gut 22 Prozent berichten, dass sich der Umsatz gegenüber dem Vorjahresmonat derzeit noch stabil zeigt, bei rund fünf Prozent der Befragten ist er im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. „Je länger diese Stilllegungen unseres Wirtschaftens dauern, desto betroffener wird auch unser regionales Handwerk. Wir brauchen jetzt das Ende des Winters und das Ende der Betriebseinschränkungen“, betont Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.

Die Umfrage hat – so die HWK weiter – zudem ergeben, dass bei den regionalen Handwerksbetrieben knapp jeder zweite befragte Betrieb Corona-Hilfen des Bundes beantragt hat. 27 Prozent der Handwerksbetriebe geben an, das Geld bereits vollständig erhalten zu haben. Weitere zehn Prozent haben bislang erste Abschlagszahlungen bekommen und 16 Prozent berichten, noch gar kein Geld erhalten zu haben.

Die Umfrageergebnisse zeigten auch, dass in zahlreichen Betrieben das finanzielle Polster nun aufgebraucht ist: 26 Prozent der Befragten können mit den derzeitigen Einschränkungen in ihrem Betrieb nur noch maximal die nächsten beiden Monate durchhalten – danach droht das Aus. Ebenso viele Umfrageteilnehmer geben an, sich noch bis zu vier Monate finanziell über Wasser halten zu können.

Lediglich 33 Prozent sehen ihren Betrieb nach wie vor so gut aufgestellt, dass sie auch auf lange Sicht nicht in finanzielle Not geraten. Im ersten Lockdown 2020 sind die Handwerksbetriebe in der Region finanziell noch deutlich besser aufgestellt gewesen. Damals hatte noch knapp jeder zweite Befragte keine oder kaum Liquiditätsprobleme. „Das Polster des ersten Lockdowns ist für viele Betriebe weg. Deshalb geht es dort jetzt an die Existenz“, stellt Mehlich klar.

Die Umfrage lege offen, welche Herausforderungen das regionale Handwerk derzeit am meisten beschäftigen. So ist ein Liquiditätsengpass für die meisten befragten Handwerksbetriebe im Alltag das wesentliche, beschränkende Thema. Daneben werden vor allem die Bürokratie, das Einhalten von Auflagen und Hygienevorschriften sowie die zunehmende Stornierung von Kundenaufträgen als herausfordernd angesehen.

Erkranktes Personal bereite hingegen nur wenigen Befragten Schwierigkeiten. Bei den Investitionen hielten sich derzeit viele Betriebe in der Region zurück. Rund jeder dritte Umfrageteilnehmer gibt an, momentan nur das Nötigste investieren zu wollen und den Großteil der geplanten Ausgaben auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

41 Prozent berichten, sogar alle Investitionsvorhaben gestoppt zu haben. Rund 26 Prozent der befragten Unternehmen investieren in diesem Jahr hingegen wie geplant. „Wir brauchen Geld und Perspektive in den Betrieben. Die Entschädigungen müssen fließen und der Verlustrücktrag in der Steuer würde massiv helfen“, ist Mehlich überzeugt.

Beim Thema Ausbildung werden die Auswirkungen der Krise auch im regionalen Handwerk deutlicher. Im Vergleich zu 2020 will ein gutes Drittel der Befragten in diesem Jahr weniger ausbilden, 44 Prozent wollen in gleicher Zahl ausbilden und neun Prozent planen, mehr Auszubildende einzustellen.

„Die langen Schließungen können Schäden an unseren Ausbildungsstrukturen anrichten. Das wäre fatal für unseren Fachkräftebedarf in den Betrieben und vor allem für die jungen Menschen. Für Jugendliche heißt es jetzt: Kommt und nehmt Euch einen Ausbildungsplatz im Handwerk, dort werdet ihr langfristig gebraucht. Der Fachkräftebedarf wird uns bleiben“, glaubt Mehlich.

Auf die Gesamtbeschäftigung im Handwerk blieben die Auswirkungen der Pandemie nämlich weiter moderat. Während rund zehn Prozent der regionalen Handwerksbetriebe zusätzliches Personal einstellen wollen, planen zwölf Prozent Personal abzubauen. Über drei Viertel der befragten Betriebe (78 Prozent) wollen hingegen ihre Betriebsgröße beibehalten. Das regionale Handwerk zeige sich also weiterhin als treuer und krisensicherer Arbeitgeber. 

An der repräsentativen Umfrage hätten sich innerhalb von zwei Tagen knapp 400 Mitgliedsbetriebe aus dem gesamtem Gebiet der Handwerkskammer Ulm beteiligt. Von den Befragten kämen 22 Prozent aus dem Ostalbkreis, jeweils 18 Prozent aus dem Landkreis Ravensburg und dem Bodenseekreis, 14 Prozent aus dem Alb-Donau-Kreis, zwölf Prozent aus dem Landkreis Biberach, neun Prozent aus dem Landkreis Heidenheim und sieben Prozent der Teilnehmer sind aus dem Stadtkreis Ulm.