Vom Kuhstall ins Präsidium Das ist die erste weibliche Vizepräsidentin des Landesbauernverbandes

Das ist die erste weibliche Vizepräsidentin des Landesbauernverbandes
Rosi Geyer-Fäßler ist die erste Vize-Präsidentin des Landesbauernverbandes. Foto: © Studio Berge

Landwirtin, Politikerin, gelernte Bankkauffrau, Vorsitzende der Landfrauen Karsee, Dreifach-Mutter und erste weibliche Vize-Präsidentin des Landesbauernverbandes: Das ist Rosi Geyer-Fäßler aus Wangen. Warum Landwirtschaft ein sehr individuelles Thema ist und was sie als Vizepräsidentin des Landesbauernverbandes plant, verrät sie im Wochenblatt-Interview.

Am 22. Juni 2022 gab es ein historisches Wahlergebnis. Denn an diesem Tag wurde nach vier Jahren der neue Vorstand des Baden-Württembergischen Bauernverbandes gewählt. Präsident Joachim Rukwied wurde genauso in seinem Amt bestätigt, wie Vizepräsident Hans-Benno Wichert. Doch es gab auch zwei Neue an der Spitze. So stimmten die Delegierten für Jürgen Maurer UND für Rosi Geyer-Fäßler. Und dass es eine Frau in die Führungsriege des Bauernverbandes schafft, das gab es bis dato noch nie. Wir sprechen mit der 44-jährigen Landwirtin über die Wahl, die Vorteile eines landwirtschaftlichen Berufes, über die Schwierigkeiten und über die Option, Milchkühe gegen Pferde zu tauschen.

Wochenblatt: „Herzlichen Glückwunsch zur Wahl Frau Geyer-Fäßler! Wie geht es Ihnen denn mit dem neuen Amt und wie kommt es, dass sie die allererste Vize-Präsidentin sind?“

Rosi Geyer Fäßler: „Danke! Das ist ein ganz großer Meilenstein. Wir (Landwirte) sind alle der Bauernverband. Ich freue mich, ihm ein Gesicht geben zu können.“

Wochenblatt: „Sie sind ja ziemlich eingespannt. Haben selbst einen Milchviehbetrieb in Wangen, bekleiden diverse politische Ämter und haben zudem ja auch noch Familie. Wie ist das alles vereinbar?“

Rosi Geyer-Fäßler: „Wir haben uns im Vorfeld schon zusammengesetzt und besprochen, ob wir das alle managen können. Die neue Position als Vizepräsidentin beansprucht natürlich Zeit.“

Wochenblatt: „Zeit ist ein gutes Stichwort. Stimmt es, dass Landwirte in aller Herrgottsfrühe aufstehen, den ganzen Tag körperlich hart arbeiten und am frühen Abend einfach ins Bett kippen?“

Rosi Geyer-Fäßler (schmunzelt): „Jeder Beruf hat Vorurteile. Manche stimmen, andere aber nicht. Ich persönlich finde, dass Landwirtschaft immer auch Berufung ist. Das macht man mit Überzeugung. Darüber hinaus ist es ein sehr familienfreundlicher Job. Wenn die Tiere versorgt sind, hat man zum Beispiel Zeit, in Ruhe mit der Familie zu Mittag zu essen. Ich kann viel für meine Kinder da sein. Das ist in anderen Berufen nicht so leicht umzusetzen.“

Wochenblatt: „Ihre Kinder sind 8, 12 und 14. Sind die auch mit so viel Begeisterung in der Landwirtschaft? Sollen die später mal den Hof übernehmen?“

Geyer-Fäßler (lacht): Darüber machen sie sich noch keine Gedanken. Unsere Große reitet gern. Wenn es nach ihr ginge, würde sie die Kühe alle gegen Pferde austauschen.“

Wochenblatt: „Das liegt ja noch in ferner Zukunft. Was sind denn die aktuellen Themen auf den Höfen der Landwirte?“

Geyer-Fäßler: „Das kann man pauschal nicht sagen, weil jede Region ihre eigenen Herausforderungen hat. Im Landkreis gibt es Viehbetriebe, es wird aber auch Hopfen und Spargel angebaut. Erdbeeren, ja sogar Tabak! Landwirtschaft ist sehr vielfältig. Deshalb müssen wir herausfinden, was die jeweilige Region braucht. Ich sehe es als eine meiner Aufgaben als Vizepräsidentin, aufzuzeigen, WIE vielfältig unsere Betriebe sind und was sie brauchen.“

Wochenblatt: „Welche landwirtschaftlichen Sorgen gehen uns alle was an?“

Geyer-Fäßler: „Klimawandel, Biodiversität und Ernährungssicherheit fallen mir spontan ein. Früher hieß es immer, dass ein Bauer 150 Menschen ernähren kann. Jetzt muss die Landwirtschaft schauen, dass sie sich selbst ernähren kann. Es gibt auf jeden Fall viel zu tun.“

Wochenblatt: „Und wenn Sie sich etwas wünschen könnten, was wäre das?“

Geyer-Fäßler (ohne zu zögern): „Frieden! Das sollte unser oberstes Ziel sein. Ein gutes Miteinander und speziell als Landwirtin, wünsche ich mir, den Hunger in der Welt stillen zu können.“

Hintergrund: Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 33.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig. (Quelle: LBV Baden-Württemberg)