Coach Jörg Lützelberger feiert mit seiner HSG Konstanz den perfekten Jahresabschluss

Coach Jörg Lützelberger feiert mit seiner HSG Konstanz den perfekten Jahresabschluss
Haben das perfekte Halbjahr gespielt: Spieler und Betreuer der HSG Konstanz. (Bild: Michael Elser)

Konstanz (tmy) – 28:0-Punkte, 110 Tore im Plus und 14 Siege in 14 Begegnungen: Die Handballer der HSG Konstanz sind das Maß aller Dinge in Liga drei. Und das, obwohl sie im Sommer ohne Trainer dagestanden waren. Bis, ja bis Jörg Lützelberger übernahm und nach dem 34:26-Erfolg gegen den TSV Neuhausen / Filder aus dem Nähkästchen plauderte.

„Habt ihr ein bisschen Zeit mitgebracht?“, fragte Jörg Lützelberger mit einem kleinen Augenzwinkern in Richtung der verbliebenden Fans in der inzwischen deutlich ruhiger gewordenen „Schänzle-Hölle“. Denn diese Zusammenarbeit kam beinahe aus dem Nichts, trug aber rasend schnell süße Früchte, die niemandem sauer aufstoßen – außer den Gegnern.

Das, ja das war in den rund 60 Minuten zuvor ganz anders. Trommeln, Tröten, rhythmisches Klatschen und der Klang von aneinandergeschlagenen Flaschen. Die Stimmung beim Jahresfinale in Liga drei war auf dem Siedepunkt. Allerdings hatten die Hausherren, die Jungs der HSG Konstanz, noch einige Anlaufschwierigkeiten.

Kampf um jeden Zentimeter: Die HSG Konstanz (gelbe Trikots) muss gegen den TSV Neuhausen / Filder alles geben.
Kampf um jeden Zentimeter: Die HSG Konstanz (gelbe Trikots) muss gegen den TSV Neuhausen / Filder alles geben. (Bild: Michael Elser)

Offener Schlagabtausch

Coach Lützelberger schimpfte, gestikulierte und marschierte an der Seitenlinie auf und ab. Zwar zog der ungeschlagene Spitzenreiter im ersten Durchgang zwischenzeitlich auf bis zu vier Treffer davon, doch die „Mad Dogs“ des TSV Neuhausen / Filder blieben bissig und in Schlagdistanz.

Es ging um wahnsinnig viel und mitunter etwas hitziger zu. Beide Trainer ärgerten sich über so manche Entscheidung, das Publikum explodierte – bei aus ihrer Sicht – falschen Pfiffen. Währenddessen war HSG-Stammkeeper Maximilian Wolf, der bis dato ein sicherer Rückhalt seines Teams gewesen war, vorerst draußen.

Er hatte einen Ball unabsichtlich ins Gesicht bekommen und trug eine blutige Nase davon. Leon Grabenstein rotierte zwischen die Pfosten. Es blieb bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen, die Fans und Akteure auf dem Feld gaben alles. Neuhausen brauchte die Zähler im Kampf um den Klassenerhalt, die Gastgeber wollten den nächsten doppelten Punktgewinn einfahren.

Knapper Pausenvorsprung

„Hebet se“ intonierten die Heimfans in der Schänzle-Halle, in der zum Jahresabschluss auch Grillwurst, Pasta, Sekt und Cocktails gereicht wurden, als die Gäste aus Neuhausen in Richtung Konstanzer Tor unterwegs waren und „Konstanz“ hörte man immer dann, wenn die Gastgeber eine Offensivaktion starteten – aber: „nur“ 15:14 zur Pause für den Favoriten.

Nach dem Seitenwechsel steigerten sich die Hausherren, überstanden selbst eine doppelte Unterzahl relativ schadlos und das T-Shirt von Jörg Lützelberger bleib schließlich heil. Warum? Immer dann, wenn er mit einem Pfiff nicht zufrieden war, biss der EHF-Mastercoach in eben selbiges – er und sein Gegenüber Markus Locher kassierten allerdings trotzdem Gelb.

Ist an der Seitenlinie mit vollem Einsatz dabei: HSG-Coach Jörg Lützelberger.
Ist an der Seitenlinie mit vollem Einsatz dabei: HSG-Coach Jörg Lützelberger. (Bild: Michael Elser)

Der Wahl-Lindauer in der HSG-Verantwortung verschränkte immer wieder die Arme, pustete durch, gab Kommandos und ging in die Hocke. Es wirkte fast so, als würde der 36-Jährige selbst mitspielen, wenn er das Kinn in die Hand stützte, sich an die Stirn fasste oder sich abwendete. Ja, gar keine Frage – an diesem Abend lief nicht alles rund aus Konstanzer Sicht.

Die Bedenkzeit hat sich gelohnt

Dass es dennoch für einen 34:26-Erfolg reichte und somit für den 14. Sieg im 14. Rundenspiel der Saison 2021 /2022 war dem Umstand geschuldet, dass man in der Schlussphase mehr Reserven hatte, weniger technische Fehler einstreute und Ballverluste erzwang. Der Rest war Party pur, zumindest auf den Rängen. Jörg Lützelberger pustete erst einmal kräftig durch.

„Als ich am 10. Juni den Anruf bekam, dass man hier einen Trainer sucht, musste ich erst einmal ein paar Tage nachdenken. Eigentlich hat jeder Verein zu dieser Zeit längst schon einen Coach gefunden“, erklärte Lützelberger bei der Pressekonferenz. „Dass wir nun hier stehen, hätte ich nicht wirklich geglaubt. Aber es macht mir riesigen Spaß mit den Jungs.“

Und das, obwohl der neue Mann an der Seitenlinie zum Saisonstart nicht weniger als acht Neuzugänge einbauen musste, Mannschaft und Übungsleiter sich erst einmal aneinander gewöhnen mussten und der Ex-Profi auf dem beinahe täglichen Weg von Bayern nach Südbaden bei der Trainingsgestaltung oder der Spielvorbereitung viel Hirnschmalz braucht.

Hat gleich doppelt gut lachen: Geburtstagskind Matthias Hild (im blauen Pulli), der auch an seinem Ehrentag als Sieger von der Platte ging.
Hat gleich doppelt gut lachen: Geburtstagskind Matthias Hild (im blauen Pulli), der auch an seinem Ehrentag als Sieger von der Platte ging. (Bild: Michael Elser)

Noch im alten Jahr geht’s weiter

Es geht um Spielzüge oder Defensivvarianten sowie das Sichten von Videos. Während die Spieler nun zwei Wochen Urlaub genießen können, bereitet der Coach bereits das dreitägige Trainingslager ab 27. Dezember vor. Stillstand gibt es beim zweifachen Familienvater nicht.

Erst recht, wenn es „nach wie vor etwas zu verbessern gibt“, stellte er klar und schob die Sponsorenwand gleich selbst rüber zu einem weiteren Interview. Das nächste Rundenspiel steht für die HSG Konstanz am Samstag, 15. Januar, auf dem Programm. Dann ist der Tabellenführer beim TV Plochingen zu Gast (20 Uhr, Schafhausäckerhalle in Plochingen).