Energiekrise Bundesregierung will Mehrwertsteuer auf Gas senken

Die Kosten für Gas sind deutlich gestiegen und belasten private Verbraucher sowie die Industrie.
Die Kosten für Gas sind deutlich gestiegen und belasten private Verbraucher sowie die Industrie. (Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

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Auf Gaskunden kommt wegen des Ukraine-Kriegs eine Umlage zu. Weil Mehrwertsteuer anfällt, verdient der Staat daran mit. Die Bundesregierung will vorübergehend jedoch weniger zulangen als möglich.

Berlin (dpa) – Die Bundesregierung will für einen befristeten Zeitraum einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Erdgas verlangen. Die Steuer solle von bisher 19 auf 7 Prozent verringert werden, kündigte Kanzler Olaf Scholz am Donnerstag an. Mit dem Schritt würden die Gaskunden insgesamt deutlich stärker entlastet als sie durch die staatliche Gasumlage belastet würden. Er erwarte von den Unternehmen, dass sie die Steuersenkung eins zu eins an die Verbraucher weitergäben, sagte der SPD-Politiker. «Dies ist ein weiterer Schritt zur Entlastung.» Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dringt darauf, dass die angekündigte Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas weitergegeben wird.

Hintergrund ist die Gasumlage, mit der Importeure ab Oktober wegen des Ukraine-Kriegs erhöhte Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergeben können. Zahlen müssen dann alle Gasnutzer, ob Privatleute oder Unternehmen – und zwar zunächst etwa 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Auf die Umlage fällt zudem Mehrwertsteuer an.

Die Bundesregierung wollte das eigentlich verhindern und so dafür sorgen, dass der Staat nicht mitverdient. Nach europäischem Recht ist es aber nicht vorgesehen, auf die Mehrwertsteuer zu verzichten. Der rechtliche Rahmen lasse keine Ausnahme zu, schrieb EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in einem Brief an Finanzminister Christian Lindner. Die Bundesregierung habe allerdings die Möglichkeit, die geltende Mehrwertsteuer auf den EU-Mindestsatz von 5 Prozent zu senken.

Mehrwertsteuer soll von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden

Diesen Schritt wählt die Ampel-Koalition nun nicht. Stattdessen will sie den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent nutzen. In Deutschland gilt in der Regel ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Auf ausgewählte Waren fallen aber 7 Prozent an. Die jetzt verkündete Steuererleichterung soll für den Zeitraum der Gasumlage gelten, also bis Ende März 2024.

Habeck begrüßte die Ankündigung von Scholz. «Es war immer klar: Wir wollen nicht, dass die Menschen noch zusätzlich durch die Mehrwertsteuer auf die Gas-Umlagen belastet werden. Da eine direkte Steuerbefreiung europarechtlich nicht möglich ist, ist eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas folgerichtig.» Damit es einfach sei und die Verbraucher schnell erreiche, sei die Absenkung auf sieben Prozent sinnvoll. «Das kompensiert auch andere Kosten, die über höhere Umlagen anfallen.»

Etwa die Hälfte aller Haushalte in der Bundesrepublik heizt mit Gas. Beispielrechnungen zufolge bedeutet die Umlage für einen Einpersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden schon ohne Mehrwertsteuer jährliche Zusatzkosten von rund 121 Euro. Für einen Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden liegen die Mehrkosten ohne Mehrwertsteuer bei rund 484 Euro im Jahr.

Scholz kündigte angesichts der steigenden Energiepreise zudem ein neues Entlastungspaket in den kommenden Wochen an. Damit solle der große Druck, der auf vielen Bürgern und Unternehmen laste, abgemildert werden, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Berlin. «Wie das Paket genau aussieht, besprechen wir vertrauensvoll in der Regierung. Die Gerechtigkeitsfrage ist entscheidend, damit das Land in dieser Krise zusammenhält.» Scholz wiederholte den Spruch: «You’ll never walk alone.»