Energieversorgung Bundesregierung kündigt schnelle Lösung zur Gasumlage an

Die Bundesregierung will in Sachen Gasumlage nun eine schnelle Lösung finden.
Die Bundesregierung will in Sachen Gasumlage nun eine schnelle Lösung finden. (Bild: Frank Rumpenhorst/dpa)

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Kommt die umstrittene Gasumlage doch nicht? Die ablehnenden Stimmen mehren sich. Nun kündigt die Regierung schnelles Handeln an.

Berlin (dpa) – Die Bundesregierung hat eine schnelle Lösung zur Zukunft der umstrittenen Gasumlage angekündigt. Ein Regierungssprecher sagte am Montag in Berlin, es werde nun «sehr schnell» und in einem sehr geordneten Verfahren die Struktur einer Gesamtlösung sichtbar werden. Er bezog sich auf die Gasumlage sowie eine geplante Gaspreisbremse. Eine Kommission zu einer solchen Bremse habe getagt und sehr gut gearbeitet.

Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, die Gaspreise müssten sinken und die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet werden. Es müsse eine «geordnete» Lösung geben. Die Gasumlage solle Anfang Oktober in Kraft treten, aber Abschlagszahlungen erst Ende Oktober fällig werden.

Die Umlage würde deutliche Preiserhöhungen für alle Gaskunden bedeuten. Wegen ausbleibender russischer Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream müssen Importeure wie Uniper am Markt zu stark erhöhten Preisen Ersatzmengen beschaffen, können diese aber bislang nicht an die Kunden weitergeben. Dies soll über die Umlage geschehen. Für Uniper hatte die Bundesregierung ein staatliches Rettungspaket beschlossen, der Konzern soll nun verstaatlicht werden. Uniper ist Deutschlands wichtigster Gasimporteur.

Über die Gasumlage haben früheren Angaben des Wirtschaftsministeriums zufolge die Gasimporteure bezogen auf den Umlagezeitraum bis Anfang April 2024 34 Milliarden Euro an Kosten geltend gemacht.

Grünen-Vorsitzender: Gasumlage muss weg

Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour geht davon aus, dass die umstrittene Gasumlage zunächst am 1. Oktober in Kraft tritt, aber dennoch keinen Bestand hat. «Ich muss zugeben, dass ich sogar davon ausgehe, dass die am 01.10. in Kraft tritt», sagte Nouripour in der Sendung «Frühstart» von RTL/ntv.

Gefragt danach, wann genau die Gasumlage gekippt werden könne, sagte Nouripour: «So schnell es irgendwie nur geht.» Es müssten Gespräche in der Bundesregierung geführt werden, die Lage sei dynamisch. «Dass die jetzt weg muss, ist etwas, was richtig ist. Das sehen alle so.» Mit Blick auf den Wirtschaftsminister fügte Nouripour hinzu: «Ich kann versichern, dass Robert Habeck alles dafür tut, damit die Umlage so schnell wie möglich fällt.»

Als «sehr geboten» bezeichnete der Parteichef einen Gaspreisdeckel. Alle denkbaren Nachfolgemodelle der Gasumlage kosteten aber Geld, das Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereitstellen müsse.

Habeck sieht finanzverfassungsrechtliche Fragen

Die Gasumlage sollte eigentlich Gasimporteure stützen, die wegen ausbleibender russischer Lieferungen hohe Kosten für Ersatzbeschaffungen haben. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde Erdgas festgelegt – sie verteuert also das Gas für den Kunden. Habeck sieht finanzverfassungsrechtliche Fragen zu klären, und auch Lindner zieht das Instrument in Zweifel.

SPD-Chef Lars Klingbeil rechnet damit, dass das Thema in der neuen Woche entschieden wird. «Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir in der nächsten Woche eine finale Entscheidung zur Gasumlage bekommen werden», sagte er in der ZDF-Sendung «Berlin direkt». «Klar ist, wir müssen die Kraft haben, das offen zu diskutieren und uns notfalls auch zu korrigieren.» Am Ende müsse Habeck als zuständiger Minister sagen, wie es mit der Gasumlage weitergehe.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, die Gasumlage könne weg, sobald es aus dem Finanzministerium die Bereitschaft für eine Alternative gebe. «Diese Alternative heißt: eine Finanzierung aus Haushaltsmitteln», sagte Lang. Das Problem: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Kredite ausgleichen müssen. Wegen Corona war die Schuldenbremse im Bund drei Jahre lang ausgesetzt.

Lindner pocht auf Schuldenbremse

Klar ist, dass die Bundesregierung das Problem der hohen Gaspreise angehen will – doch die Finanzierung bleibt unklar. Die FDP pocht weiter auf die Einhaltung der Schuldenbremse im Bundeshaushalt im nächsten Jahr. Darüber gebe es auch bereits Beratungen innerhalb der Bundesregierung, sagte Lindner am Montag in Berlin, wo die Gremien seiner Partei tagten. Von den finanzpolitischen Instrumenten habe er «eine ganz präzise Vorstellung», wolle diese aber innerhalb der Bundesregierung besprechen.

«Das Ziel heißt Schuldenbremse für den Bundeshaushalt und eine Gaspreisbremse. Es darf nicht in anderen Worten zu einem allgemeinen Dammbruch kommen», sagte Lindner, der auch vor weiterer Inflation warnte. «Ich kann es ganz offen sagen: Würde die Schuldenbremse aufgehoben, dann würde mit Sicherheit nicht nur all das finanziert werden, was wir für die Krise brauchen, sondern dann kommen allgemeine politische Wünsche und Vorhaben mit dazu. Und das wäre der finanzpolitische Dammbruch.» Deswegen hielten er und die FDP an der Schuldenbremse fest. Lindner sagte: «Wir wollen in der Krise den Menschen helfen, aber wir wollen nicht die Schleusentore öffnen.»

Er forderte, dass angesichts des drohenden wirtschaftlichen Schadens alle Möglichkeiten genutzt werden müssten – «von Ausweitung von Kapazitäten wie Kernenergie, von Ausspeicherung von Gas, das wir haben, die europäischen Maßnahmen, die diskutiert werden, zum Beispiel gemeinsamer Gaseinkauf der Europäischen Union und gezielte Maßnahmen des deutschen Staates». Lindner forderte auch, Preissignale zu setzen. Wenn dem Markt deutlich werde, dass Gas aus den mit öffentlichem Geld gefüllten Speichern in den Markt zurückfließe, habe das bereits heute Auswirkungen auf die Preisbildung.