Bundesliga: «Dankbarer» Süle ist plötzlich Boss – Kein Bayern-Schub

Bundesliga: «Dankbarer» Süle ist plötzlich Boss – Kein Bayern-Schub
Der FC Bayern München um Abwehr-Chef Niklas Süle (M.) spielte nur unentschieden gegen Leverkusen. (Bild: Sven Hoppe/dpa)

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Die ärgerliche Eigentor-Premiere von Thomas Müller wirft die Bayern im Topspiel gegen Leverkusen auf verstörende Weise aus der Bahn. Das ist kein gutes Zeichen vor dem K.o.-Duell mit Salzburg.

München (dpa) – Um die mentale Verfassung von Leitwolf Thomas Müller sorgt sich Trainer Julian Nagelsmann vor dem gefährlichen Nervenspiel des FC Bayern gegen Red Bull Salzburg nicht.

Aber das erste Eigentor in Müllers langer Karriere als Fußball-Profi zog beim 1:1 (1:1) im Bundesliga-Topspiel gegen Bayer Leverkusen auf irritierende Weise den Stecker beim bis dahin total dominanten Münchner Starensemble.

Der folgende Leistungseinbruch weckte Zweifel an der mentalen Robustheit einiger Akteure wie dem zu häufig als Sicherheitsrisiko auffallenden Dayot Upamecano. «Das passiert offensichtlich auch den Besten», bemerkte Nagelsmann derweil gelassen zur missglückten Rettungsaktion Müllers in der 36. Minute, als der Ball nach einer eher harmlosen Freistoßhereingabe von Leverkusens Kerem Demirbay wegen eines Abstimmungsproblem im eigenen Tor landete. «Ich habe gerufen, dass ich ihn habe», schilderte Torwart Sven Ulreich die Schlüsselszene. Müller war da aber schon im Sprung. Im 407. Bundesligaspiel spitzelte er den Ball erstmals ins falsche Tor.

Blick auf die Champions League

«Die Kommunikation war anscheinend einen Tick zu leise. Thomas muss da hingehen. Er ist nicht happy, aber es wird ihn nicht nachhaltig umhauen», sagte Nagelsmann. Die eingebüßten Punkte im Liga-Alltag sind für den Tabellenführer verschmerzbar. Ein Unentschieden im Champions-League-Duell mit Red Bull Salzburg würde dagegen nach dem 1:1 im Achtelfinal-Hinspiel nicht reichen. Österreichs Topclub um den Elfmeter-Torschützen Karim Adeyemi stimmte sich mit einem lockeren 4:0 gegen den SCR Altach auf die große Aufgabe in München ein. «Am Dienstag zählt es. Das ist ein ganz wichtiges Spiel, das müssen wir gewinnen», mahnte Nationalverteidiger Niklas Süle eindringlich.

Auf den 26-Jährigen kann Nagelsmann gerade hundertprozentig setzen. Süle verkörpert seit der Bekanntgabe seines ablösefreien Wechsels zum Liga-Rivalen Borussia Dortmund plötzlich den stabilen Abwehrchef, den die Münchner Bosse während der gescheiterten Vertragsverhandlungen in ihm nicht sahen. Schon beim 1:0 in Frankfurt ragte Süle heraus. Gegen Leverkusen erzielte er sein erstes Saisontor. «Für mich persönlich war es schön, zu treffen. Ich hätte gehofft, dass das Tor für drei Punkte reicht», bemerkte Süle zu seinem wuchtigen Volleyschuss.

Der Abwehrhüne war aber erstaunt, wie sehr «der unglückliche Ausgleichstreffer» sein Team ins Wanken brachte. «Wir haben eine der besten ersten 30 Minuten der Saison gespielt. Nach dem 1:1 waren wir verunsichert und sind ein bisschen zusammengefallen. Das darf uns nicht passieren», sagte Süle. Vor allem Abwehrkollege Upamecano wurde wieder mal zum Gefahrenherd. Ein Blackout-Rückpass in den Lauf von Amine Adli hätte zum Rückstand führen müssen. Leverkusens Angreifer schoss an den Pfosten. «Wir waren nicht effektiv genug», stöhnte Bayer-Coach Gerardo Seoane angesichts der vergebenen Siegchancen.

Keine Worte zu BVB-Wechsel

Nagelsmann ermahnte den als Abwehrchef der Zukunft verpflichteten Upamecano, schnellstens die Fehlerquote zu senken und häufiger «einfache Lösungen» zu wählen. Er verteufelte den 23 Jahre alten Franzosen aber nicht: «Er ist eine Maschine im Verteidigen.»

Das kann auch der 1,95 Meter große und um die 100 Kilogramm schwere Athlet Süle sein – nur nicht mehr lange im Bayern-Trikot. Zur neuen Herausforderung beim BVB («ein Riesenschritt») will er sich aktuell nicht groß äußern: «Der Tag wird kommen, an dem ich etwas dazu sagen werde.» Sein Fokus liegt auf einem möglichst tollen Bayern-Abschied.

Süle genoss es, dass ihn die 25.000 Zuschauer in der Allianz Arena nicht nur nach seinem Tor feierten. «Ich bin dankbar. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich hier spiele, jetzt nach Dortmund wechsle und die Zuschauer trotzdem meinen Namen rufen, wenn ich eine Grätsche mache», erzählte er beeindruckt. «Daran sieht man, dass ich in den letzten fünf Jahren alles gegeben habe für den Club, alles gewonnen habe.» Diese Wertschätzung vermisste er seitens der Verantwortlichen.

Am Samstag gab es – schon vor dem Anpfiff – anerkennende Worte von Vorstandschef Oliver Kahn: «Ich finde das eine professionelle Einstellung, die Niklas an den Tag legt. Er wirft hier noch mal alles rein.» Alles geben, Leistung liefern, Erfolge feiern – das bleibt Süles Antrieb bis zum finalen Einsatz im Bayern-Trikot: «Ich werde bis zum letzten Tag hier alles geben und hoffentlich noch zwei Titel holen.» Dafür muss als erstes am Dienstag Salzburg besiegt werden.