Bürgerinitiative:  Die Stadt erfüllt ihre Aufgaben nicht mehr

Axel Henle von der Bi stellt fest, dass die Stadt beim AMD ihren Verpflichtungen nicht nachkam.
Axel Henle von der Bi stellt fest, dass die Stadt beim AMD ihren Verpflichtungen nicht nachkam. (Bild: PR)

Riedlingen – Kaum wurde das Richtfest des AMD 1 (Ambulant Medizinisches Dienstleistungszentrum, Bauabschnitt 1) gefeiert, wabern Gerüchte um die Zukunft der medizinischen Versorgung durch Riedlingen. So ist u. a. im Umlauf, die Räumlichkeiten des AMD 1 seien nicht komplett belegt.

Mutmaßungen schießen ins Kraut, welche medizinischen Leistungen im zweiten Bauabschnitt angeboten werden sollten. Auch gibt es Spekulationen, ob und welche Fachärzte sich dort ansiedeln wollten und ob die Sozialstation dort tatsächlich Dienste anbieten möchte.

Wir sprachen mit Axel Henle von der BI (Bürger-Initiative zum Erhalt des Riedlinger Krankenhauses), um Klarheit zu gewinnen.

Herr Henle, sind alle Flächen im AMD 1 belegt/vergeben?

Ja. Was wir ehrenamtlich angepackt haben – hat funktioniert. Wir haben geliefert.

Was soll in das AMD 2 (Bauabschnitt 2) integriert werden?

Siehe Stadt: Verfügungspraxis (Urologe, Anästhesie, weitere Fachärzte, die sich bei uns wegen Zweigpraxen gemeldet haben), zwei OP-Säle, Betten. Auch eine Apotheke, zu der ein positives Standortgutachten bereits vorliegt und ein Sanitätshaus, das liebend gerne einen Mietvertrag unterschreiben möchte.

Wer sollte die OP-Säle nutzen?

Es gab Absichtserklärungen der SI Praxis und des Augenzentrums. Bei uns haben sich weitere Operateure gemeldet, die in ein städtisches Konstrukt gehen würden – nicht jedoch zu einem Investor. Die Stadt selbst war nicht in der Lage Ärzte zu akquirieren.

Sind für das AMD 2 weitere (Fach) Ärzte vorgesehen gewesen?

Es gab weitere Interessenten, z.B. Kinderärzte, andere dringend benötigte Fachrichtungen – bereits recht konkret. Die haben aufgrund der Kehrtwende und dem daraus resultierenden Vertrauensbruch abgesagt.

Steht auf der Homepage, dass die Sozialstation Pflegeaufgaben übernehmen soll und ist dies ggf. in trockenen Tüchern?

Wir haben zahlreiche lange Gespräche mit einem kreativen Gedankenaustausch mit den Herren Saier und Gnuschke geführt. Von Anfang an wurde die Bereitschaft mitzuwirken und das Projekt zu unterstützen signalisiert. Auch Pfarrer Stegmann hat uns signalisiert das Gelingen des Projekts unterstützen zu wollen.

Vor allem die Ebene ambulante Pflege und ambulantes OP-Zentrum bieten sich an, vernetzt zu arbeiten. Dies bietet, verkürzt formuliert, interessante Möglichkeiten für ambulante OPs und Pflege zu Hause. Für die Pflege innerhalb des Hauses, also der Übernachtungspatienten oder ambulanten Patienten, wird die Sozialstation nicht benötigt, sie kann sich aber gerne auch dort einbringen.

Die bereits ambulant tätigen Pflege- und medizinischen Dienstleister, könnten durch eine vernetze Zusammenarbeit, vor allem bei älteren Riedlinger Bürgerinnen und Bürgern, eine wertvolle Unterstützung bieten. Grundsätzlich sind alle Riedlinger Einrichtungen des Gesundheitswesens eingeladen mitzuwirken.

Weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit konkret am Standort wurden angedacht, hängen aber sicher von dem weiteren Fortgang des Projektes ab.

Die weiteren Bauabschnitte befinden sich auf der Ebene von Absichtserklärungen, welche im Laufe des Jahres konkretisiert werden sollten. Dies stellt einen normalen Ablauf in der Projektentwicklung dar. Da wir dies ehrenamtlich machen und die Stadt ihre Aufgaben nicht mehr erfüllt sehe ich das ganze jedoch sehr skeptisch.

Warum fordert die Bauherrengemeinschaft Schadenersatz von der Stadt?

Mit der Stadt war vereinbart die Gebäude miteinander zu verbinden. Das Loch in der Außenhülle des AMD war beim Richtfest ja deutlich sichtbar. Ein gemeinsames Treppenhaus wird es zeitnah nicht geben – also werden wir es aufwändig als einzelnes geschlossenes Treppenhaus umbauen müssen. Ein zu großer Aufzug und auch die Heizungsanlage wurde für beide Gebäude bestellt.

Die Kosten hierfür werden anwaltlich von der Stadt eingefordert. Ich denke das Projekt AMD kann als gescheitert betrachtet werden. Die Riedlinger Bürgerinnen und Bürger werden künftig für viele Leistungen, die es bis jetzt vor Ort gab weite Strecken in Kauf nehmen. Momentan wird intensiv daran gearbeitet, Lösungen außerhalb der Stadt Riedlingen zu finden.

Leistungen, die bisher in Riedlingen erbracht wurden, werden schwerpunktmäßig wegverlagert werden. Andernorts ist man zielgerichteter unterwegs und nutzt die Gunst der Stunde mit attraktiven Angeboten. Ärzte sind landauf landab dringend gefragt und heiß umworben.

Wir haben der Stadt ein fertig entwickeltes Konzept ehrenamtlich geliefert, die Kosten sind überschaubar, der Kreistag hat die Gewährung eines großzügigen Zuschusses beschlossen. Wir waren in Riedlingen wesentlich weiter als an anderen Standorten, an denen die unmittelbare Klinikschließung bevorsteht. Die Stadtverwaltung, Bürgermeister Schafft und offensichtlich etliche Gemeinderäte haben ihre Hausaufgaben nicht erledigt.

Letztendlich ist das Problem von Riedlingen wieder einmal die Stadt selbst. Der Bürgermeister steht nun vor einem Scherbenhaufen. Vor allem für ältere Bürgerinnen und Bürger wird sich die Situation, auf Grund ihrer eingeschränkten Mobilität dramatisch verschlechtern.

Die schlechte wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte beim zweitkleinsten Mittelzentrum im Land, wird durch den Wegfall etlicher Leistungen im Gesundheitswesen, die es bisher in Riedlingen gab, weiter geschwächt werden. Der enorme Wachstumsmarkt des Sektors ambulantes Operieren wird nun in einer Stadt verwirklicht werden, die geschickter agiert.