Verschieben, Absenken, Erklären oder Ergänzen? Bürger diskutieren über Schneckenburger-Denkmal

Diskussion über das Schneckenburger-Denkmal: Am Beginn des Workshops stand ein Ortstermin im Stadtgarten.
Diskussion über das Schneckenburger-Denkmal: Am Beginn des Workshops stand ein Ortstermin im Stadtgarten. (Bild: Stadt Tuttlingen)

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Einen Denkmalssturz will keiner, eine Kommentierung oder Ergänzung aber sehr wohl – so kann man das Ergebnis des Workshops zum Schneckenburger-Denkmal zusammenfassen. Auf der Grundlage der Diskussion werden nun Vorschläge für den Gemeinderat erarbeitet.

Geschmäcker sind verschieden. Und so fielen auch die spontanen Beurteilungen sehr unterschiedlich aus, als die Teilnehmenden des Workshops danach gefragt wurden, was ihnen persönlich zum Schneckenburger-Denkmal im Stadtgarten einfällt. Was die einen als „lyrisch“ und „verletzlich“ beschrieben, empfanden andere als „heroisch“ oder „nicht mehr zeitgemäß“. „Langweilig und monströs“ oder „zur Stadt und ihrer Geschichte gehörend“ waren andere Einschätzungen.

Wie geht man nun mit diesen Beurteilungen um? Hier erste Ideen zu sammeln, war Ziel des Workshops, zu dem die Stadt Tuttlingen im Rahmen der Ausstellung „In Stein gemeißelt!?“ eingeladen hatte. Über allem stand dabei das Ziel, Wege für einen angemessenen und differenzierten Umgang mit dem ab 1937 errichteten Denkmal zu finden.

Rund 15 Teilnehmende waren gekommen, und nach einem Auftakt vor Ort im Stadtgarten, gab es im Rathausfoyer erst einmal Anregungen, wie man generell mit schwierigen Denkmalen oder anderen Zeitzeugnissen im öffentlichen Raum umgehen kann. Stadtarchivar Alexander Röhm stellte verschiedene Formen von Erläuterungstafeln und Kommentierungen vor. Michael Hensch, Leiter der Abteilung Grünplanung, erklärte, wie stark die Platzierung und auch die umgebende Bepflanzung die Wirkung des Denkmals beeinflussen. Und Galerieleiterin Anna-Maria Ehrmann-Schindlbeck stellte verschiedene Beispiele über den Umgang mit „toxischer Kunst“ vor: Manche Denkmale – zum Beispiel viele Lenin-Statuen in Osteuropa  – wurden  einfach entfernt. Anderswo werden Arbeiten – auch mit NS-Bezug – mit Erläuterungen weiter ausgestellt oder künstlerisch umgedeutet oder durch andere Kunstwerke ergänzt.

Um diese Frage drehte sich dann auch die vom Journalisten Dieter Kleibauer moderierte Diskussion. Und hier waren sich die Teilnehmenden in einigen Punkten einig: Komplett entfernen will das Denkmal niemand – dies wäre übrigens auch aus Gründen des Denkmalschutzes kaum möglich. Allerdings wurde mehrfach geäußert, dass der Sockel zu hoch und mächtig oder die Platzierung mitten im Stadtgarten zu prominent sei. Das Denkmal dominiere so die ganze Anlage. Ohne den hohen Sockel wirke das Denkmal weniger wuchtig, an der zentralen Stelle konnten sich manche aber auch ein ganz anderes und zeitgemäßeres Kunstwerk vorstellen. Eine Teilnehmerin sah es genau anders: Das Denkmal stehe hier mitten im Weg – so wie seine Geschichte im übertragenen Sinne im Weg stehe. Allerdings müsste man es dann nüchterner und ohne üppigen Blumenschmuck, dafür aber mit einer kritischen Kommentierung präsentieren.

Eine Kommentierung des Denkmals wurde übrigens von allen Teilnehmenden begrüßt – auch von denen, die das Denkmal für unbedenklich und den NS-Bezug für nicht so gravierend halten. Und mehrfach wurde der Vorschlag diskutiert, dem Schneckenburger-Denkmal ein ergänzendes Kunstwerk gegenüber zu stellen. Hellmut Dinkelaker, Altstadtrat und früherer Kunstlehrer, regte dabei an, hierfür gezielt in Frankreich einen Künstler zu suchen – zum Beispiel aus Draguignan und Umgebung. So bekäme das Denkmal zu Ehren Max Schneckenburgers, der seine Bekanntheit seinem antifranzösischen Gedicht „Die Wacht am Rhein“ verdankte, eine völlig neue Bedeutung.

(Pressemitteilung: Stadt Tuttlingen)