Beschluss des Aufsichtsrats: Krankenhaus Radolfzell wird geschlossen

Landrat Zeno Danner, Geschäftsführer des GLKN Bernd Sieber und Prof. Dr. Moritz Wente (Direktor Medizin und Pflege GLKN) bei der Pressekonferenz zu Schließung des Radolfzeller Krankenhauses.
Landrat Zeno Danner, Geschäftsführer des GLKN Bernd Sieber und Prof. Dr. Moritz Wente (Direktor Medizin und Pflege GLKN) bei der Pressekonferenz zu Schließung des Radolfzeller Krankenhauses. (Bild: Landratsamt Konstanz)

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In seiner Sitzung am 2. Februar beschloss der Aufsichtsrat des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) den Klinikstandort Radolfzell zum 30. Juni 2023 zu schließen. Die Information der Belegschaft erfolgte am Freitag, 3. Februar 2023. Alle Mit­arbeiten­den bekommen ein Angebot zur Weiterbeschäftigung im GLKN. Die medizinischen Fachbereiche werden an die Versorgungseinrichtungen im Verbund verlegt.

Spätestens seit den Grundsatzentscheidungen aller beteiligten Gesellschaf­tergremien des GLKN für die Zwei-Standort-Lösung im vergangenen Jahr stand die perspektivische Einstellung des Betriebs im Radolfzeller Kranken­haus im Raum. Landrat Zeno Dan­ner: „Ich verstehe, dass dieser Schritt eine schwierige Situation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Stadt Radolfzell ist. Durch die Schließung des Radolfzeller Kranken­hauses entsteht indes keine Versorgungs­lücke im Kreis und es gehen keine Arbeits­plätze verloren.“

Folgende Gründe machen jetzt eine zeitnahe Schließung erforderlich:

Das Personal

Der bundes- und landesweite Fachkräftemangel macht auch vor dem Landkreis Konstanz nicht Halt und es wird immer schwieriger, das notwendige medizinische Personal für die Betreuung der Pa­tientinnen und Patienten zu finden. Dies führte bereits dazu, dass die unfallchirurgische Versorgung sowie die Basisnotfallversorgung am Standort Radolfzell zum 1. April 2022 eingestellt wurden. Der­zeit können in Radolfzell weniger als die Hälfte der vorhandenen Planbetten betrieben werden. Und das, obwohl beispielsweise kontinuier­lich Gegenmaß­nahmen, wie das Zusammenlegen von Stationen ergriffen wurden.

Die Technik

Mehrere aktuelle Gutachten und TÜV-Prüfungen stellten fest, dass die Bereiche Elektrik und Bau sowie Brandschutz Mängel aufwei­sen. Aufgrund der Gebäudeinfrastruktur aber auch der gesetzlichen Gefahrenvorschriften wäre eine Kernsanierung erforderlich, um die vorhandene bauliche Substanz sowie die technische Infrastruktur für die Fortführung des aktuellen Krankenhausbetriebs zu ertüch­tigen. Hierfür wird aktuell von einem Investitionsvolumen in Höhe von mindestens 92,5 Millionen Euro ausgegangen. Dieser Umstand macht auch eine Nachnutzung schwer denkbar.

Die Finanzen

Schließlich zeigt eine vorsichtige Kalkulation, dass die Schließung des Krankenhauses in Radolfzell das Gesamtdefizit des Gesund­heitsverbundes um mindestens 4,5 Millionen Euro pro Jahr ent­lasten würde.

Folgen für die Mitarbeitenden und das medizinische Leistungsangebot

Alle 206 Mitarbeitenden aus dem Krankenhaus Radolfzell werden wei­terhin im Gesundheitsverbund gebraucht. Dem Aufsichtsrat ist es daher wichtig, allen ein attraktives Angebot für die Weiterbeschäftigung zu machen. Ge­schäftsführer Bernd Sieber hofft, dass möglichst alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Verbund bleiben und alle für die anderen Stand­orte zu gewinnen: „Zusam­men mit dem Betriebsrat führen wir Gespräche und wollen jedem einzel­nen ein Angebot machen, sodass sie oder er in Konstanz, Singen oder Engen weiterhin bei uns arbeitet.“

Die bestehenden medizinischen Bereiche werden in das Angebot der ande­ren Verbundhäuser integriert, was auch zum Abbau von Doppel­strukturen führt: Das Zentrum für Altersmedizin und die Physikalische Therapie wer­den nach Konstanz verlagert, die Zentren für Innere Medizin sowie Diabeto­logie, Gefäßmedizin und Wundmanagement und die ange­schlossene inter­disziplinäre Fußstation nach Singen. Derzeit bleiben im Schnitt 25 Prozent Bettenkapazität verbundweit ungenutzt, weil das Perso­nal knapp ist. Durch die Bündelung der Kompetenzen und Ressourcen können schließlich insge­samt mehr Betten für die Versorgung der Patien­tinnen und Patienten zur Verfügung gestellt werden

Medizinische Versorgung in Radolfzell

Bereits jetzt werden medizinische Notfälle wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder schwere Knochenbrüche nicht in Radolfzell, sondern in den Kliniken in Singen oder Konstanz behandelt. Der Aufsichtsrat unterstützt ausdrücklich die bereits aufgenommenen Gespräche zwischen der Geschäftsführung des GLKN, der Stadt Radolfzell und der niedergelassenen Ärzteschaft, um die medizinische Versorgung im nichtstationären Bereich auch in Zukunft zu stärken.

Anstehende Meilensteine für die Umstrukturierung des GLKN

Die Umstrukturierung des GLKN ist notwendig und gleichzeitig sehr kom­plex. Mehrere Schritte werden parallel durchgeführt, um keine zeitliche Verzögerung entstehen zu lassen. Gleichwohl werden die einzelnen Meilen­steine sorgfältig und mit Bedacht bearbeitet:

  1. In einem Ideen- und Dialogforum tauschten sich Zufallseinwohne­rinnen und -einwohner aus dem Landkreis sowie Interessenver­treter ­– beispielsweise Kreisseniorenrat, niedergelassene Ärzte­schaft, Elternbeirat, Industrie- und Handelskammer, Handwerks­kammer, Rettungsdienst, Verbundbetriebsrat – zum Thema Medi­zinkonzept aus und entwickelten Empfehlungen für die weitere Vorgehensweise. Erste Erkenntnisse aus dem Austausch mit den Einwohnerinnen und Einwohnern sind, dass ihnen bei der medizi­nischen Versorgung eine schnelle und gute Notfallversorgung sehr wichtig ist. Für planbare elektive Eingriffe durch hochqualifizierte Spezialisten würden auch längere Fahrtstrecken in Kauf genommen. Das Ideen- und Dialogforum begleitet alle weiteren großen Meilen­steine des Prozesses.
  1. Das Medizinkonzept wurde von den Gutachtern des Unternehmens Lohfert & Lohfert AG begleitet. Gemeinsam mit den Empfehlungen der Öffentlichkeitsbeteiligung wird es am 8. März 2023 in der Aufsichts­ratssitzung des GLKN diskutiert.
  1. Das Sanierungsgutachten für den Standort Singen soll bis Ende April 2023 fertiggestellt werden. Im Anschluss wird es den Gesellschaf­tergre­mien vorgestellt und in den Kreistag eingebracht.
  1. Drei offizielle Grundstücksangebote liegen dem Landkreis Konstanz für einen neuen Klinikstandort vor – zwei aus Radolfzell und eines aus Singen. Für die Auswahl bedarf es objektiver Kriterien, die im März/April 2023 durch eine Grundstückskommission und unter Mit­wirkung der Öffentlichkeitsbeteiligung erarbeitet werden, bevor die Gesellschaftergremien sie final beschließen. Auch dieses Thema soll anschließend im Kreistag auf der Tagesordnung stehen.
  1. Weitere Schritte im Rahmen der Neustrukturierung sind die Aus­schrei­bungen des GLKN für die zentrale Projektsteuerung und zur Erstellung eines Raum- und Funktionsprogramms. Dieses dient als Grundlage für die weiteren Machbarkeitsstudien, mit denen die grund­sätzliche Geeignetheit der Grundstücke geprüft wird.

(Pressemitteilung: Landratsamt Konstanz)