Beim Thema AMD scheiden sich nach wie vor die Geister

Beim Thema AMD scheiden sich nach wie vor die Geister
Das Rathaus in Riedlingen (re im Bild) ist am kommenden Montag Schauplatz des neuerlichen Beschlusses zum AMD 2. (Bild: MK)

Zwei Themen dominieren derzeit die Kommunalpolitik in Riedlingen: Die Gartenschau und AMD (Ambulant Medizinisches Dienstleistungszentrum).

Seit dem Schließungsbeschluss des Kreistages für das Riedlinger Krankenhaus sind mittlerweile 10 Jahre vergangen und die Bevölkerung der Raumschaft wartet immer noch auf die zugesagte „Ersatzlösung“, die aus ambulanten und teilstationären Strukturen bestehen soll. Nun, da sich das Vorhaben quasi der Ziellinie nähert, gibt es statt Einigkeit deutliche Differenzen im Gemeinderat und zwischen Gemeinderatsmehrheit und der Verwaltung. Diese, wurden bei der Abstimmung darüber, wer für das Vorhaben AMD 2 (zweiter Bauabschnitt) die Verantwortung tragen soll, deutlich.

Der Mehrheitsbeschluss, der für die Verwirklichung durch die Stadt erzielt wurde, wurde mittlerweile von Bürgermeister Schafft mit seinem Widerspruch „kassiert“ und ist am Montag, 11. April, im öffentlichen Teil ab 19.15 Uhr erneut Gegenstand der Gemeinderatsberatungen.

Widerspruch gegen den Beschluss

Mit Datum 4. April schrieb Schafft an den Gemeinderat: „…ich halte den Beschluss für die Stadt Riedlingen nachteilig. Daher widerspreche ich fristgerecht dem Beschluss nach §43 Abs. 2 Satz 12 der GO BW“. Gleichzeitig verwies er auf die bereits am 1. April erfolgte Einladung zur Gemeinderatssitzung am 11. April, in dem das Thema erneut behandelt und die notwendigen Beschlüsse gefasst werden sollen.

Die Begründung des Widerspruchs durch Schafft im Wortlaut: „Die Aufgabe ist eine sogenannte Freiwilligkeitsaufgabe für die Stadt Riedlingen und sie greift in einen ansonsten privat geregelten Markt ein. Das darf aber nur sein, wenn es ein „Marktversagen“ gibt. Am 21.06.2021 gingen alle Beteiligten davon aus, dass es keine Privaten gibt, die in Riedlingen ein AMD realisieren wollen. Ausweislich der Vorlage zum 28.03.2022 hat die Verwaltung zwischenzeitlich Hinweise, die für einen Markt, also gegen ein ‚Marktversagen‘ sprechen. Dieser Markt resultiert neben den Erfahrungen aus der Corona-Zeit, wohl im Wesentlichen auf dem Umstand des Koalitionsvertrags der neuen Bundesregierung (s. Anlage 2, S. 84). Bei einer privaten Investition ist von einer geringeren Finanzierungsbelastung der Stadt auszugehen. Die Sicherung der Rechte der Stadt, der Interessen der Bürger an einer optimalen ambulanten OP- Versorgung in der Raumschaft und des Zugangs der Ärzte der Raumschaft zu der OP-Infrastruktur ist zu sichern (ggf. über eine Betrauung).Angesichts dieser Einschätzung sollte zwingend eine Marktansprache erfolgen.“

BÜL gibt auf Fragenkatalog keine Antworten

Wir versuchten am vergangenen Wochenende von Teilen der Bürgerliste, die im Abstimmungsprozess vom 28. März unterlegen war, an ihr vorliegende Unterlagen zu kommen. Dies erschien uns anhand der Bedeutung des Themas sinnvoll, um zu klären, ob diese Gruppierung über bis dato nicht bekannte Unterlagen und Berechnungen verfügt, die ihre Position stützt. In einem Fragenkatalog an Joachim Reis, fragten wir deshalb u. a. auch nach, ob die BÜL (Bürgerleiste) die Existenz eines Investors belegen könne.

Reis beantwortete keine der übersandten Fragen und teilte mit: „Ich habe Ihre bisherigen Veröffentlichungen zur Kenntnis genommen. Diese scheinen, sehen Sie es mir bitte nach, polemisch in einseitiger Weise dargestellt. Damit sie nicht ganz vergeblich geschrieben haben, erhalten Sie die Stellungnahme einer Mehrheit unserer Fraktion, die unsere Sichtweise zum derzeitigen Stand der „Umsetzung AMD“ beleuchten, öffentlich am 28. März vorgetragen wurden, von 6 Fraktionsmitgliedern der Bürgerliste mitgetragen werden….“

Stellungnahme der Ratsmehrheit

Am Dienstag, 5. April ging uns eine Pressemitteilung zu, die von den Fraktionssprechern Jörg Bossler (CDU), Manfred Schlegel (Mut tut gut!) und Dorothea Kraus-Kieferle (Mehrheitlich für WiR) unterzeichnet wurden.

„Am 28.03.2022 hat der Gemeinderat der Stadt Riedlingen mehrheitlich beschlossen, dass die Stadt das AMD Gebäude in eigener Zuständigkeit baut und prüfen soll, ob der OP-Betrieb in Eigenregie betrieben wird oder ausgeschrieben werden soll. Vor rund zehn Jahren wurde das Kreiskrankenhaus privatisiert. Heute im Jahr 2022 ist der Klinikbetrieb in Riedlingen eingestellt. Die Privatisierung des Kreisklinikums hat zu einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung im westlichen Landkreis geführt. Seit einigen Monaten lässt sich eine positive Entwicklung in der Gesundheitsversorgung in Riedlingen beobachten. Wir wollen diese positive Entwicklung mit unserem Beschluss bestärken und weiter vorantreiben und die Zügel in kommunaler Hand halten. Unser Beschluss steht für das bestmögliche Gesundheitsangebot für unsere Bürger und nicht für ein Gesundheitsangebot, welches einem Kapital-Investor die höchste Rendite verspricht. Aus unserer Sicht besteht eine sehr große Gefahr, diese Entwicklungen zu gefährden, wenn wir wie vom Bürgermeister und der Stadtverwaltung vorgeschlagen, den Bau des ambulanten medizinischen Dienstleistungszentrums mit Verfügungspraxis, Bettenbereich und OP-Räumen erneut in private Hände eines Investors legen. Wir sehen die große Gefahr, dass dann benachbarte Städte dieses Konzept umsetzen und profitieren werden, weil Ärzte sich von Riedlingen abwenden und die Bürgerinnen und Bürger mit einer deutlich schlechteren gesundheitlichen Versorgung den Preis dafür bezahlen müssen. Von zahlreichen Ärzten haben wir signalisiert bekommen, dass sie nicht einem privaten Investor ausgeliefert sein wollen und im Zweifelsfalle von einem weiteren Engagement in Riedlingen absehen werden. Der Vorschlag der Verwaltung spricht von Markt, wenn der Bau einem potenziellen Investor übertragen werden soll. Wir nennen es Verantwortung. Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger auch künftig eine ausreichende medizinische Grundversorgung in Riedlingen anzutreffen. Die Gesundheitsversorgung und eine Weiterentwicklung mit der Möglichkeit, neue Praxen anzusiedeln, muss einer Kommune etwas wert sein. Der o.g. Beschluss sieht darüber hinaus vor, den OP-Bereich langfristig zu vermieten und eine Obergrenze für einen möglichen Abmangel festzulegen. Hier sehen wir mit unserem Beschluss eine Deckelung vor. Wir sind uns also auch über die finanzielle Verantwortung bewusst und begrenzen dieses Risiko für die Stadt Riedlingen aktiv. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt und der des Umlandes, sehen wir die Notwendigkeit, ein dauerhaft funktionierendes AMD in kommunaler Hand zu bauen. Mit der Möglichkeit, sich zu einem Leuchtturmprojekt zu entwickeln Mit unserem Beschluss sehen wir die besten Chancen, Praxen zu halten, neue anzusiedeln und das Spektrum medizinischer Angebote für die Bürger der Stadt und der Raumschaft zu erweitern.“