Barbara Krämer-Kubas – eine streitbare Sozialdemokratin kämpft auch im „politischen Ruhestand“ weiter für die Rechte der Frauen

Barbara Krämer-Kubas – eine streitbare Sozialdemokratin kämpft auch im „politischen Ruhestand“ weiter für die Rechte der Frauen
Barbara Krämer-Kubas (Bild: Privat)

Lindau – 12 Jahre lang saß sie für die SPD im Lindauer Stadtrat, 24 Jahre lang hat sie Lindau im Kreistag vertreten, 2008 wurde sie zu einer der Stellvertreterinnen des Landrates gewählt – die beeindruckende Bilanz einer Powerfrau, die sich auf vielen Gebieten und Ebenen für die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frauen, aber auch für soziale Gerechtigkeit in allen Lebensbereichen einsetzt.

Seit März diesen Jahres ist offiziell Schluss mit der Kommunalpolitik. Für Barbara Krämer-Kubas beileibe kein Grund sich zurückzulehnen und ihren „politischen Ruhestand“ zu genießen. Schon 2019 hat sie zusammen mit engagierten Frauen bei der Gründung eines „Lindauer Frauensalon“ mitgewirkt, der sich mit der Lebenswirklichkeit von Frauen in den Betrieben und im gesellschaftlichen Leben befasst.

Ihr Abitur hat die „Babsi“, wie sie ihre Freunde liebevoll nennen, 1960 am Mädchengymnasium in Lindau „gebaut“. Sie erinnert sich: „Damals gab es an der Schule ja nur Mädchen. Ich hab mich dort sehr wohl gefühlt“. Da war noch nicht klar, dass sie ihr Lebensweg genau wieder zurück an diese Schule führen würde, dann allerdings als Lehrkraft. Nach dem Studium in München und Innsbruck in Sport und Deutsch fürs Lehramt stand als nächste Station nach dem Examen 1967 ein Gymnasium in Coburg auf dem Plan. Damals begann sie, sich für Ethik zu interessieren, die Weltreligionen machten sie neugierig. Eine weitere Station führte sie nach Rosenheim.

Bereits im Studium fand sie Kontakt zur Politik: „Der gewaltsame Tod des Benno Ohnesorg 1967 hat mich aufgeweckt. Das war sozusagen mein Einstieg in die Politik. Ich habe mich im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) engagiert“. Deshalb galt sie im „altehrwürdigen Lehrerkollegium“ in Rosenheim während ihrer Referendarzeit schon als „linke Bazille“. Nach dem zweiten Staatsexamen war ihre erste Planstelle als Studienreferendarin im Coburger Gymnasium vorgesehen. Krämer-Kubas entschied sich dafür, sich nach Lindau zu bewerben und wurde angenommen. „Es war schon ein komisches Gefühl, als ehemalige Schülerin jetzt plötzlich den Lehrkräften von damals als neue Kollegin gegenüber zu stehen“ erinnert sie sich. Vom Großteil wurde sie wohlwollend aufgenommen, einigen galt sie aber als „zu frech“. 1971 trat sie in die SPD ein, um als Jungsozialistin im Ortsverein mitzuarbeiten.

Vorgeprägt hat sie sicher auch ihr Großvater, ein überzeugter Sozialdemokrat, der bei der Lindauer Traditionsfirma Escher-Wyss tätig und in der Gewerkschaft aktiv war.

Lange Jahre war sie als Schriftführerin im Vorstand tätig, ab 1984 als stellvertretende Ortsvorsitzende und 1995 als Vorsitzende des Ortsvereins.1990 schaffte sie im zweiten Anlauf den Sprung in den Lindauer Stadtrat, dem sie 12 Jahre lang angehörte. Damals gab es nur eine Handvoll Frauen im Stadtrat, die die alteingesessenen Räte nur allzu gerne in eher unbedeutende Ausschüsse abschieben wollten, in denen es vorwiegend um Soziales oder Kultur ging. Dagegen hat sie sich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Krämer Kubas: „Frauen sollten sich nicht auf den Sozial- oder Kulturbereich reduzieren lassen, sondern andere wichtige Themen wie Bauen und Finanzen aktiv mitgestalten“.

Als größten Erfolg in ihrer Stadtratszeit nannte sie die Einführung des Lindauer Stadtbusses 1994.

1996 gelang ihr der Sprung in den Kreistag, dem sie bis 2020 angehörte. 2008 wählte sie das Gremium zu einer Stellvertreterin des Landrates. Eine spannende Aufgabe, wie sie sich gerne erinnert. In dieser Funktion hatte sie viele Gelegenheiten, zahlreiche Organisationen und das Vereinswesen im gesamten Landkreis und die Menschen, die dahinter stehen, kennenzulernen. „Das hat meinen Horizont ungemein erweitert. Ich habe viele engagierte und interessante Menschen kennengelernt“.

Als eine der wenigen Niederlagen in ihrer Karriere bezeichnete sie, dass es nicht gelang, den Frauenbeirat im Kreistag zu halten. Da konnte sie sich mit  ihren Mitstreiterinnen nicht gegen die Männermehrheit durchsetzen. Auf großes Engagement und viele Erfolge kann sie aber u.a. im Jugendhilfeausschuss, bei der Arbeiterwohlfahrt, beim Roten Kreuz, bei der Schwimmabteilung des TSV Lindau, im Verwaltungsausschuss der Arbeitsagentur und bei der Bürgeraktion „Wir helfen“ verweisen.

Wie ein roter Faden zieht sich durch ihre Arbeit, quasi als Lebenswerk, der Kampf für die Rechte der Frauen. „Es muss möglich sein, Frauen vom Klischee, sie müssten sich ausschließlich um den Haushalt und die Kindererziehung kümmern, zu befreien. Frauen müssen dieselben Chancen bekommen, in politischen Ämtern oder in der Wirtschaft tätig zu sein und sich zu bewähren. Da gibt es vielfältige Ansätze, für die es sich zu kämpfen lohnt“.

Verschärft werde die Situation für die Frauen durch Lockdown, Quarantäne, geschlossene Bildungseinrichtungen. Die Coronakrise verlange Familien einiges an Organisationstalent ab. Zumeist seien es die Frauen, die sich zwischen Arbeit, Haushalt und Homeschooling zerreißen würden.

Ohne die hautnahe politische Verantwortung im Stadtrat und Kreistag kann sich Barbara Krämer-Kubas jetzt ein bisschen mehr zurück lehnen, sich ihren Hobbies widmen und mehr Zeit mit ihrem Mann verbringen.

Aber das Feuer für soziale Gerechtigkeit brennt weiter.

Wilfried Vögel