Stadtzentrum für Bürger statt Autos Autofreie Innenstadt: Bregenz steht kurz vor dem Ziel

Die Bregenzer wollen ihr (autofreies) Stadtzentrum wieder genießen. So kann die Mobilitätswende entspannt gelingen - ohne Blechlawine in der Innenstadt
Die Bregenzer wollen ihr (autofreies) Stadtzentrum wieder genießen. So kann die Mobilitätswende entspannt gelingen - ohne Blechlawine in der Innenstadt (Bild: Wilfried Vögel)

Überregional/Bregenz – Wer heute nach Bregenz kommt, dem fällt sofort auf, dass weite Teile der Innenstadt seit Anfang Juli zur Fußgängerzone umgewandelt wurden. Jetzt dürfen keine Fahrzeuge mehr in der Innenstadt parken und es gibt Bänke aus Beton. Auf ihnen sind Schilder montiert, die Bregenz früher und heute zeigen.

Die Stadt Bregenz hat mitgeteilt, dass so rund 70 Parkplätze weggefallen sind. Der Lieferverkehr ist zeitlich exakt begrenzt. Ziel war und ist es, eine größtmögliche Attraktivität der Bregenzer Innenstadt herzustellen und die Lebens- wie auch Aufenthaltsqualität zu erhöhen.

Redakteur, Wilfried Vögel, hat sich in der Bregenzer Innenstadt umgesehen und sich bei der Landeshauptstadt Bregenz schlau gemacht. Das unten aufgeführte Beispiel von Bregenz könnte durchaus bespielgebend für Städte in unserer Region sein.

„Der Wunsch nach einer autofreien Innenstadt sei von vielen Bürgerinnen und Bürgern aber auch Wirtschaftstreibenden an die Stadt herangetragen worden“, so der Bregenzer Oberbürgermeister Michael Ritsch.

Drei Monate lang hatten Fachleute das Feldkircher Ingenieurbüro Besch & Partner geprüft, welche Maßnahmen man ergreifen müsse, um die Bregenzer Innenstadt verkehrstechnisch zu beruhigen. Großen Wert wurde dabei auf die Tatsache gelegt, die Erschließung der Kernzone mit den vielen Wohnungen und Geschäften nicht über Gebühr zu behindern. Hauptziel aller Maßnahmen war und ist, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu verbessern und den Individualverkehr zu reduzieren.

Anwohner und Geschäftsinhaber ziehen bei den Planungen voll mit. Die Bregenzer haben ihr Stadtzentrum zurückerobert, Der IV bleibt draussen vor. Und das ist auch gut so
Anwohner und Geschäftsinhaber ziehen bei den Planungen voll mit. Die Bregenzer haben ihr Stadtzentrum zurückerobert, Der IV bleibt draussen vor. Und das ist auch gut so (Bild: Wilfried Vögel)

Den Verantwortlichen war stets klar, dass man solche einschneidenden Maßnahmen keineswegs „von oben herab“ verordnen dürfe. Man müsse die BürgerInnen und die Gewerbetreibenden „abholen“ und allfällige Bedenken bereits im Vorfeld ausräumen.

Clemens Sagmeister, Obmann der Wirtschaftsgemeinschaft Bregenz, spricht vom „Mut zur Veränderung“. Veränderungen, wie z.B. die Ausweitung von Fußgängerzonen seien immer im Vorfeld kritisch gesehen worden. Man habe Angst, Kunden zu verlieren, die nicht mehr mit dem Auto vor die Ladentüre fahren könnten. Das genaue Gegenteil sei aber der Fall. Ihm sei kein Beispiel bekannt, wo eine Fußgängerzone zurückgenommen worden sei. Am Ende profitierten alle von solchen Lösungen. Herausgekommen ist bei den Planungen und Überlegungen eine weitgehend autofreie Innenstadt.

Laut Information der Landeshauptstadt Bregenz sind folgende Bereiche betroffen:

Römerstraße und Kirchstraße werden von der Montfortstraße bis zur Thalbachgasse zu Fußgängerzonen. Auch von der Gallusstraße kann man künftig ab der Wolfeggstraße nicht mehr in die Kirchstraße einfahren. Ebenfalls zu Fußgängerzonen werden die Rathausstraße, die Schulgasse, die Anton-Schneider-Straße und die Bergmannstraße bis zum Bezirksgericht. Die restliche Bergmannstraße wird zur Begegnungszone. Über sie erfolgt in Zukunft beim Magazin 4 auch die Einfahrt in den Parkplatz Rathausbezirk. Weitere Begegnungszonen sind für die Verlängerung der Anton-Schneider-Straße zwischen Bergmannstraße und Schillerstraße, die Kornmarktstraße, die Nepomukgasse, die Kaspar-Hagen-Straße und die Jahnstraße vorgesehen.

Die Landeshauptstadt Bregenz hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst, die wir hier wiedergeben wollen:

Welchen Vorteil bringt die Fußgängerzone?

Ziel ist es, größtmögliche Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr, gekoppelt mit größtmöglicher Attraktivität des Zentrums, allem voran für den Fußgängerverkehr, zu bieten. Speziell der Fuß- und Radverkehr wird von diesen Maßnahmen im Bereich der Verkehrssicherheit, -flüssigkeit und -leichtigkeit sowie der Aufenthaltsqualität sehr stark von den Maßnahmen profitieren. Mit der Einführung der neuen Fußgängerzone wird ein belebtes Stadtzentrum erwartet. Es ist davon auszugehen, dass durch die erhöhte Attraktivität und Aufenthaltsqualität die zentrumsnahe Wirtschaft der Landeshauptstadt Bregenz durch die Ausweitung der verkehrsberuhigten Bereiche eine zusätzliche Belebung erfahren wird.

Welchen Beitrag leistet die autofreie Innenstadt zum Klimaschutz?

Das Projekt hat eine Leuchtturmwirkung für Vorarlberger Städte und größere Gemeinden. Dadurch wird die Mobilitätswende vorangetrieben, indem sanfte Mobilität gegenüber dem motorisierten Individualverkehr bevorzugt wird. Darüber hinaus haben Maßnahmen der verkehrsfreien Innenstadt in folgenden Punkten einen positiven Effekt auf die Umwelt:

  • Durch die freiwerdenden Flächen (PKW-Abstellplätze) können Maßnahmen zur Klimawandelanpassung, z. B. Baumpflanzungen, mobile Begrünungen, durchgeführt werden.

  • Die bisherige Parkplatzsuche im Bregenzer Stadtzentrum reduziert sich durch die neue Fußgängerzone deutlich – die Luftqualität verbessert sich dadurch.

  • Lärmemissionen, ausgelöst durch den KFZ-Verkehr, entfallen Großteils.

  • Die gegenständlichen Wege zwischen Quell- und Zielort weisen bloß eine Länge von (durchschnittlich) wenigen hundert Metern auf (z. B. Oberstadt) und somit können bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Dadurch wird sich der Anteil der sanften Mobilität erhöhen, welche wiederum hilft CO2 einzusparen.

Welche neuen Gebiete umfasst die Fußgängerzone?

Die Verkehrsberuhigung beinhaltet insbesondere die Einführung von Fußgängerzonen in der Rathausstraße, Anton-Schneider-Straße, Kirchstraße, Römerstraße sowie Maurachgasse und Begegnungszonen in der Bergmannstraße, Anton-Schneider-Straße, Nepomukgasse, Kornmarktstraße, Jahnstraße und Neugasse.

Was passiert mit den Parkmöglichkeiten in der Fußgängerzone?

In der unmittelbaren Umgebung der Bregenzer Innenstadt sind im Bestand über 1.900 Stellplätze für die Öffentlichkeit in Form von Parkplätzen, Stellplätzen im öffentlichen Verkehrsraum und (Tief-)Garagen vorhanden. Mit der Verkehrsberuhigung entfallen insgesamt 70 Stellplätze in folgenden Straßen: Rathausstraße, Jahnstraße, Anton-Schneider-Straße, Bergmannstraße und Maurachgasse.

Keine Sperrpfosten oder große Verbotsschilder. Bürger und Geschäftsinhaber wurden bereits im Vorfeld eingebunden. Alle ziehen an einem Strang in Bregenz! Beispielhaft - auch bei uns?
Keine Sperrpfosten oder große Verbotsschilder. Bürger und Geschäftsinhaber wurden bereits im Vorfeld eingebunden. Alle ziehen an einem Strang in Bregenz! Beispielhaft – auch bei uns? (Bild: Wilfried Vögel)

Darf ich in der Fußgängerzone auch mit dem Fahrrad / E-Scooter fahren?

Die Fußgängerzone darf neben den gesetzlichen Ausnahmen in §76a Abs. 5 StVO auch mit dem Fahrrad und E-Scooter (ausgenommen Altweg und Kaiserstraße) befahren werden. In der gesamten Fußgängerzone gilt die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit.

Wird es in der Fußgängerzone PKW-Parkmöglichkeiten geben?

In Fußgängerzonen ist gem. § 76a StVO jeglicher Fahrzeugverkehr verboten. Die LenkerInnen von Fahrzeugen dürfen in Fußgängerzonen nur mit Ausnahmegenehmigung oder z. B. zu den allgemeinen Zeiten von 6 bis 10 Uhr und von 18 bis 20 Uhr zum Zwecke von Ladetätigkeiten an den hierfür vorgesehenen Stellen einfahren. Sie haben von ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen (wie zum Beispiel Häusern, Brunnen, Laternen, Bänken, Bäumen) einen der Verkehrssicherheit entsprechenden seitlichen Abstand einzuhalten. Es ist nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt. Halten und Parken ist in Fußgängerzonen verboten.

Wo ist zukünftig die Einfahrt zum Rathausparkplatz? Wie ist die Ausfahrt geregelt?

Die Einfahrt in den Rathausparkplatz erfolgt über die Bergmannstraße (Magazin 4). Um eine Rückstauung zu verhindern, wird bereits in der Belruptstraße eine Anzeigetafel ersichtlich sein, welche über die Verfügbarkeit freier Parkmöglichkeiten Auskunft gibt. Die Ausfahrt erfolgt wie bisher über die Belruptstraße.

Wie wird die Zu- und Abfahrt zu den Parkplätzen für Anrainerinnen und Anrainer geregelt?

Falls Sie einen privaten Stellplatz im Bereich der Fußgängerzone besitzen, möchten wir Sie darauf hinweisen, dass es einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO bedarf, um mit Ihrem Fahrzeug zukünftig in die Fußgängerzone zu gelangen und so Ihren Parkplatz weiterhin rund um die Uhr zu erreichen. Die Antragstellung bzw. das Ausstellen des Bescheides durch die Landeshauptstadt Bregenz ist gebühren- und abgabenpflichtig:

  • Der Maximalbetrag der Abgaben beträgt € 301,40 pro Kennzeichen für zwei Jahre

  • Zusätzlich fallen Bundesgebühren von € 14,30 für die Eingabe an.

Diese Abgaben sind nach Ausstellung des Bescheides zu entrichten.

Das entsprechende Antragsformular für die Ausnahmebewilligung sowie alle notwendigen Unterlagen senden Sie bitte der Verwaltungspolizei der Landeshauptstadt Bregenz per Post oder unter verwaltungspolizei(at)bregenz.at.

Wo in der Innenstadt sind die Behindertenparkplätze?

Für Personen mit einem Ausweis gemäß StVO § 29b sind mehrere Behindertenstellplätze am Rande der Fußgängerzone eingeplant, sodass Menschen mit eingeschränkter Mobilität weiterhin bestmöglichen Zugang zur Innenstadt haben. Insgesamt werden durch die Umsetzung der Fußgängerzone zwei zusätzliche Behindertenstellplätze im Nahbereich des Zentrums geschaffen. Die Zu- und Abfahrt für Personen mit Behinderung in die Fußgängerzone über die Römer- und Rathausstraße wird bei Erfordernis (z.B. zu einem Ärztehaus etc.) gestattet.

Ist die Durchfahrt für Taxis erlaubt?

Die Fußgängerzone darf neben den gesetzlichen Ausnahmen in §76a Abs. 5 StVO auch mit dem Taxi sowie mit KFZ des Mietwagengewerbes (zum Personentransport) befahren werden.

Ist die Durchfahrt für Zustelldienste erlaubt?

Ja, um eine funktionierende Anlieferung für die Betriebe zu gewährleisten, sind Zeiten für Ladetätigkeiten von 6 bis 10 Uhr sowie von 18 bis 20 Uhr vorgesehen. Einfahrten für Ladetätigkeiten zu den Apotheken sind über die Römer- und Rathausstraße in der Zeit von 00:00 bis 24:00 gestattet.

Wie kommen Handwerkerinnen und Handwerker zu mir als AnraineIin?

Für HandwerkInnen gelten generell die gleichen Regeln wie für alle anderen auch. Das bedeutet, dass auch HandwerkerInnen sich vorab bei der Verwaltungspolizei eine Ausnahmegenehmigung holen müssen. Das geht natürlich auch sehr rasch, vor allem wenn ein „Notfalleinsatz“ erforderlich ist.

Ab sofort können die Bregenzer und Ihre Gäste die Innenstadt entspannt und weitgehend autofrei genießen. Mehr Raum für Menschen und mehr Platz für Aufenthaltsqualität im öffentlichen Verkehrsraum
Ab sofort können die Bregenzer und Ihre Gäste die Innenstadt entspannt und weitgehend autofrei genießen. Mehr Raum für Menschen und mehr Platz für Aufenthaltsqualität im öffentlichen Verkehrsraum (Bild: Wilfried Vögel)

Wie wird der Busverkehr geregelt?

Die Landbuslinien 12c und 12d fahren im Bestand von der Montfortstraße über die Römer- und Kirchstraße weiter in die Thalbachgasse. Außerdem erfolgt die Rückfahrt der Landbuslinie 12d ebenfalls über die Kirch- und die Römerstraße in das übergeordnete Landesstraßennetz. Eine Änderung des Liniennetzplanes für die Fußgängerzone ist vorerst nicht vorgesehen. Die gegenständlichen Buslinien fahren wie bisher ihre Routen im bestehenden Takt. Das bedeutet, dass der Linienbus die Fußgängerzone der Römer- und der Kirchstraße im Schritttempo durchfährt.

Dürfen Blaulichtorganisationen durch die Fußgängerzone fahren?

Ja, in Fußgängerzonen dürfen gem. § 76a StVO Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes als gesetzliche Ausnahme fahren. Darüber hinaus dürfen Feuerwehrleute auf dem Weg zu einem Einsatz auch mit dem privaten PKW zum Feuerwehrhaus in der Belruptstraße zufahren. Bei einem Einsatz zählt jede Sekunde, weshalb die Stadt die Bevölkerung bittet, unverzüglich Platz zu machen, wenn die Einsatzkräfte der Feuerwehr in einem privaten PKW durch die Fußgängerzone fahren.

Die Landeshauptstadt Bregenz fasst zusammen

Mit der geplanten KFZ-beruhigten Innenstadt geht die Landeshauptstadt Bregenz einen wichtigen Schritt in Richtung Mobilitätswende. Die Stadt wird durch die Ausweitung der Fußgängerzone in Richtung Rathausstraße, Anton-Schneider-Straße, Römer- und Kirchstraße sowie durch die großzügige Einrichtung von Begegnungszonen eine Entflechtung des Fuß- und KFZ-Verkehrs sowie eine Umverteilung des Verkehrsraumes in Richtung „sanfter Mobilitätsmittel“ bewirken.

Speziell der Fuß- und Radverkehr wird von diesen Maßnahmen im Bereich der Verkehrssicherheit, -flüssigkeit und -leichtigkeit sowie der Aufenthaltsqualität sehr stark von den geplanten Maßnahmen profitieren. Verkehrstechnisch gesehen, ist von einer signifikanten Steigerung der Verkehrssicherheit und Attraktivität für den Fuß- und Radverkehr im Zentrum von Bregenz auszugehen. Es gibt nur geringfügige Einschränkungen für „sanfte Mobilitätsmittel“ (Radverkehr und ÖPNV) in Form einer reduzierten Maximalgeschwindigkeit (Schrittgeschwindigkeit in der Fußgängerzone).

Aufgrund von entsprechend festgesetzten Anlieferungszeiträumen sowie gezielten Ausnahmen und der erheblichen Anzahl von zentrumsnahen Stellplätzen werden keine bzw. nur sehr geringe negativen Effekte für die Wirtschaftstreibenden in der Innenstadt erwartet.

Es ist vielmehr davon auszugehen, dass durch die erhöhte Attraktivität und Aufenthaltsqualität das Gegenteil eintreten und die zentrumsnahe Wirtschaft der Landeshauptstadt Bregenz durch die Ausweitung der verkehrsberuhigten Bereiche eine zusätzliche Belebung erfahren wird.