Kleines Storchen-ABC Alte Liebe oder heißer Flirt: Bei den Weißstörchen geht’s rund

Der Nachwuchs ist hungrig. Im Alter von rund 50 Tagen braucht jeder Jungstorch pro Tag etwa ein Kilogramm Regenwürmer.
Der Nachwuchs ist hungrig. Im Alter von rund 50 Tagen braucht jeder Jungstorch pro Tag etwa ein Kilogramm Regenwürmer. (Bild: Pixabay)

Ob Ochsenhausen, Horgenzell, Pfrunger-Burgweiler Ried oder Hasenweiler – die ersten Störche sind zurück. Die längere Schönwetterlage war verlockend. Jetzt gilt es schnell, das alte Nest zu besetzen. Schaut die letztjährige Herzdame vorbei, kann es wieder funken. Manchmal kommt es aber auch zu wilden Eifersuchtsszenen.

Störche gelten als treu – im Grunde aber nur ihrem Eigenheim. Beliebte Nistplätze sind Schornsteine, Masten, Kirchtürme und Dächer. Die Hausordnung ist ganz einfach: Wer zuerst da ist, hat eine Art Nestrecht, sollte aber auch gründlich renovieren. Je schöner das ausgebesserte Heim ist, je schneller gesellt sich eine Storchendame hinzu.

So ein geflochtenes Kunstwerk aus Ästen, Reisig, Stroh, Laub, Stroh und Moos zum Abdichten kann schon mal bis zu zwei Meter groß werden und mächtig was auf die Waage bringen. Storchenbeauftrage Ute Reinhard weiß von einem Nest, das vor vielen Jahren mit einem Kran von einem Kirchturm in Mengen heruntergeholt werden musste, dass stolze zwei Tonnen wog.

Störche führen im Grunde eine Saisonehe

Das Klappern dient der Verständigung untereinander, der Begrüßung des Partners, dem Vorspiel für die Paarung und dem Verjagen von Eindringlingen.Während einer Flugrunde kann der Blick schnell mal auf eine Storchendame aus einem anderen Horst führen. Einem kleinen Flirt steht dann nichts im Wege. Kommt aber der Hausherr zurück und erwischt seine Dame beim Flirten, kann es schon mal Zoff und kräftige Schnäbelhiebe setzen.

Bereits Mitte Februar treffen die ersten Störche vorzeitig aus den südeuropäischen Überwinterungsgebieten bei uns ein. Da die Gebiete dort kleiner als die Brutgebiete bei uns sind, kommen die Weißstörche gerne wieder zurück. Außerdem ist es im Sommer bei uns ein paar Stunden länger hell, was einen großen Vorteil bei der Nahrungssuche bringt.

Störche führen im Grunde eine Saisonehe. Die Paarung erfolgt in luftiger Höhe auf dem Nest.
Störche führen im Grunde eine Saisonehe. Die Paarung erfolgt in luftiger Höhe auf dem Nest. (Bild: Pixabay)

Frühlingsboten

„Weißstörche umfliegen auf ihrer langen Reise das Mittelmeer, weil ihnen dort die fürs Fliegen nötige Thermik fehlt. Junge, unerfahrene Störche werden vermutlich erst in einigen Wochen auf Nistplatzsuche gehen. Die meisten Weißstörche kehren im März und April zu uns zurück und läuten somit den eigentlichen Frühlingsbeginn ein“, weiß LBV-Weißstorch-Expertin Oda Wieding. Auf dem Speiseplan stehen bei Familie Storch vor allem Regenwürmer, Insekten, Mäuse, Amphibien und kleine Reptilien.

In Baden-Württemberg gibt es rund 2.000 Weißstorchenpaare. In der Zeit von März bis Juni werden 3 bis 5 Eier ins Nest gelegt, die Brutdauer beträgt um die 30 Tage. Es brüten beide, das Weibchen aber etwas mehr. „Wenn die Kombi aus Futtermangel und Schlechtwetterperiode zusammentreffen, werden die Schwächsten aus dem Nest geworfen“, so Ute Reinhard.

Im Schnitt kommen nur ein bis zwei Junge durch. „Vor ca. zehn Jahren gab es Anfang Juni hier bei uns eine harte Schafskälte. Die Jungen waren schon größer, sodass sich die Eltern zum Wind- und Wetterschutz nicht mehr auf alle draufsetzen konnten. Damals sind viele Jungstörche gestorben und nur ganz wenige haben überlebt. Der tote Nachwuchs kann schon mal im Nest vergraben werden und neues Nistmaterial kommt obendrauf“.

Glückssymbol und Babylieferant

Wenn ein Storch sich auf einem Dach häuslich einrichtet, ist das ein ausgesprochenes Glückszeichen. Er kündigt den Frühling an und gilt nach wie vor als Kinderbringer. Da Störche Zugvögel sind und den Winter in Afrika verbringen, wurde ihre Rückkehr im Frühjahr mit neu erwachtem Leben in Verbindung gebracht. Zudem waten Störche oft durchs Wasser. Dies galt immer schon als Symbol für Fruchtbarkeit und ungeborenes Leben.

Schon vor Jahrhunderten glaubte man hauptsächlich in den skandinavischen Ländern von der Mär des Klapperstorches. Das bekannteste Märchen über die Rolle der Störche als Babylieferanten stammt übrigens vom dänischen Dichter Hans Christian Andersen: Störche wissen, wo der Teich ist, in dem alle die kleinen Menschenkinder liegen, bis der Storch kommt und sie den Eltern bringt.

Der Storch ist ein streng geschützter Vogel  

Nicht jeder Hausbesitzer freut sich darüber, wenn sich bei ihm ein Storch häuslich einrichten will. Was aber kann man tun? „Der Storch ist ein streng geschützter Vogel. Sobald auf einem Dach ein Nestbau erkennbar ist, sollte der Hausbesitzer ein Auge zudrücken. Wenn erst ein paar Äste liegen, kann man vielleicht versuchen, aus einer Dachluke heraus mit einem Handtuch öfters zu wedeln um ihn so vielleicht noch zu vertreiben.

Der Storch ist ein streng geschützter Vogel. Hausbesitzer stören sich vor allem am Kot der Tiere. Doch, wo Kot auf dem Dach ist, siedeln sich keine hässlichen Flechten an.
Der Storch ist ein streng geschützter Vogel. Hausbesitzer stören sich vor allem am Kot der Tiere. Doch, wo Kot auf dem Dach ist, siedeln sich keine hässlichen Flechten an. (Bild: Pixabay)

Eine Nestentfernung ist aber ohne Genehmigung des Regierungspräsidiums nicht erlaubt“, so Reinhard. Der Kot und die Angst um die Dachziegel sind für viele das größte Übel. Hier gibt es aber Entwarnung: „Die Dachziegel werden nicht beschädigt, der Kot wird beim nächsten Regen automatisch wieder abgewaschen und dort, wo Kot auf dem Dach ist, siedeln sich keine hässlichen Flechten an“, so die Storchenexpertin.